Online-Magazin für die Zahnarztpraxis

Zucker – und kein Ende?

Zuckersteuer – wozu?

Dass Zucker ein übles Zivilisationssuchtgift ist, sollte unter Fachleuten unbestritten sein. Insbesondere Zahnkaries, Übergewicht, Diabetes, sowie alle daraus abgeleiteten Folgeerkrankungen, sind durch die Zuckersucht in den „zivilisierten Ländern“ Kostentreiber ersten Ranges für die jeweiligen Gesundheitssysteme. Insbesondere gesüßte Getränke werden gar nicht mehr als „Zucker“ wahrgenommen. Wenn dann noch „Bio“ draufsteht wird hemmungslos konsumiert – Bespiel „Bionade“. Die Zusammenhänge werden von den Süchtigen stets geleugnet, das gilt auch für andere Suchtmittel, wie Nikotin, Alkohol, etc.

In ärmeren Gegenden steht Zucker nicht so ubiquitär in der Ernährung zur Verfügung. Deshalb haben Menschen in Entwicklungsländern teilweise einen besseren Gesundheitszustand als „Zivilisationsbürger“. Den Gesundheitsökonomen bereitet dies große Sorgen: die Kosten im Gesundheitswesen steigen überall steil an, da nützt auch „Kostendämpfung“ nichts, denn, niemand mag Erkrankten die Behandlung versagen. Und „Wirtschaftlichkeitsreserven“ sind nicht mehr so einfach zu schöpfen, der bürokratische Aufwand übersteigt, wie immer bei staatlichen Eingriffen, zumeist die herausgearbeiteten Einsparungen. Honorarkürzungen, bislang probates Mittel um Erfolge vorzeigen zu können, funktionieren auch nicht mehr – die bereits heute evidenten Versorgungslücken führen zu immer weiteren Engpässen in der ärztlichen Versorgung, trotz weiter hoher Absolventenzahlen an jungen Ärzten. Hier wirken bereits die Marktmechanismen – wenn der Preis nicht stimmt, geht das Angebot zurück. Nun muss gegengesteuert werden, durch höhere Vergütungen in unterversorgten Gegenden, da ist es wohl nichts mehr mit weiterer „Kostendämpfung“ wie gehabt. Auch in Deutschland steigen die Ausgaben wieder, und diesmal wohl ohne Aussicht, diese eindämmen zu können.

Es wäre nun nur gerecht wenn diejenigen, die die Kosten auslösen, nämlich die Süchtigen, sich auch an der Finanzierung der Folgen beteiligen. Bei Rauchern ist dies seit Jahrzehnten der Fall – Raucher zahlen wohl schon mehr in die Kassen ein als sie entnehmen, zumindest in Deutschland. Auch bei Alkohol werden die Verbraucher durch hohe Steuern an den Kosten beteiligt.

Nur Zucker, der eine der teuersten Suchterkrankungen hervorruft, soll da ausgespart bleiben?!

Es sollte bekannt sein dass Bloomberg, Alt-OB von New York, schon einmal eine Zuckersteuer auf Süßgetränke einzuführen versucht hat (da ging es lediglich um die Großflaschen) und damit gescheitert ist – die Limonadenindustrie hat dagegen mit Erfolg geklagt gehabt.

Nun gibt es wieder einen Versuch: am 16. Juni hat das Stadtparlament von Philadelphia die Einführung einer Zuckersteuer auf Limonaden beschlossen, wogegen die Getränkeindustrie – verständlicherweise! – bis zuletzt erbitterten Widerstand geleistet hat und mittels millionenschweren (!) Werbekampagnen den Beschluss zu verhindern suchte.

Sollte diese Steuer dauerhaft Erfolg haben – es werden etwa 50 Cent je Liter erhoben – könnte daraus eine Pilotfunktion werden und andere ermuntern das ebenfalls zu versuchen. In USA gibt es derzeit nur noch eine weitere Kommune, in der eine Steuer auf Süßgetränke erhoben wird, nämlich Berkeley in Kalifornien. Berkeley ist dabei kein Wunder, ist die Stadt doch Sitz der besten Universitäten und „Thinktanks“ im Großraum San Francisco gelegen, wo sich die gesamte Softwareindustrie tummelt. Leute aus der Oberschicht sind immer gesundheitsbewußter, so eindeutige Aussagen der Epidemiologen. Philadelphia hingegen ist bislang nicht aufgefallen durch besonders hohe Dichte an Intellektuellen, deshalb auch die Probleme: 68 Prozent der Erwachsenen und 41 Prozent der Kinder sind laut Statistik übergewichtig, 27 Prozent der Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze. So sind die Kosten des Gesundheitswesens dann weit überproportional im Vergleich zu den USA insgesamt. Wie bei uns wird die die ärztliche Behandlung der Armen von der Allgemeinheit getragen, und da sind die Kosten, ganz wenige Ausnahmen abgesehen, heftig geklettert. Dabei sind in den USA die Kommunen – auch eine Parallele – auch fast alle pleite. Die Kommunen – auch dies gleich geartet – müssen zusammen mit dem jeweiligen Bundesstaat die Behandlung der Bedürftigen finanzieren.

Not macht erfinderisch!

Geht alles seinen Gang soll die Steuer ab 2017 erhoben werden, die Stadtverwaltung rechnet mit Einnahmen in Höhe von 80 Millionen jährlich, die zweckgebunden für Prophylaxe in Vorschulen und Schulen ausgegeben werden sollen, nebst Zuschüssen für Bibliotheken und öffentliche Freizeiteinrichtungen.

Die neue Steuer gilt für Limonaden, Sportgetränke, aromatisiertes Wasser und vorgesüßte Tee- und Kaffeegetränke. So wird die halbe Gallone (bzw. 2-Liter-Flasche) zukünftig etwa einen Dollar mehr kosten.

Um diese Zuckersteuer tobte monatelang ein erbitterter Streit. Kritiker hatten gemeint, dass die Sondersteuer vor allem die Armen belaste, die sich dann – erwünschter Effekt! – weniger von dem klebrig süßen Zeug leisten könnten. Und der Handel befürchtete Umsatzeinbußen – ebenfalls erwünschter Effekt! – und zusätzlich könnte es sein, dass nun vermehrt Limonaden in anderen umliegenden Gemeinden gekauft werden könnten. Viel Theaterdonner eben, Zustände wie zur Zeit der Prohibition werden prophezeit, dabei sind doch gerade die „kleinen Leute“ viel zu bequem längere Fahrten auf sich zu nehmen um sich „günstiger“ einzudecken.

Auch in Deutschland werden die Leute und insbesondere Kinder immer fetter, auch hier werden die ekelhaft süßen Getränke bevorzugt konsumiert, und auch hier findet sich kaum noch ein Lebensmittel ohne Zuckerzusatz – betrachtet man Fertiggerichte und Speisen in Restaurantbetrieben -, und auch hier finden wir die Schieflage: diejenigen, die wenig oder gar nichts ins Gesundheitssystem einzahlen fragen am meisten Leistungen nach, weil sie kränker sind. Da die Politik in Deutschland stets annimmt, man könne Verhalten durch Strafen oder Belohnungen steuern, wäre es auch hier überfällig, eine Zuckersteuer einzuführen – gerade die „sozial benachteiligten“ würden besonders profitieren, wenn sie weniger Zucker konsumieren würden!

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