Lupenbrillen und Mikroskope
Unverzichtbare Hilfsmittel für die Praxis
Wer aufmerksam die politischen Entwicklungen verfolgt hat, wer die gesetzlichen Regelungen zur Kenntnis nimmt – der wird gar nicht anders können als eine Spitzenleistung abzugeben, und das in einer Form, die auch den Patienten auffällt. Dann nämlich wird man das Grundrecht auf Vertragsfreiheit – das im Zweifel vor dem Verfassungsgericht einklagbar ist! – nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch für sich in Anspruch nehmen können. Ein Patient, der nachempfinden kann, dass sein/ihre Zahnarzt/ Zahnärztin eine aufwendige und sehr sorgfältige Behandlungsweise zum Nutzen des Patienten in die Praxis umgesetzt hat, wird sich auch zum Abschluss eines Behandlungsvertrages außerhalb der einengenden Gebührenordnungen bereit finden, eher zumindest als der Patient, der den Eindruck gewinnt, der Zahnarzt behandle mal eben so husch, husch.
Neben den wirtschaftlichen Erfordernissen, die gar keine andere Wahl lassen als immer mehr Leistungen außerhalb von BEMA und GOZ (bzw. nur noch nach § 2, also nach freier Vereinbarung) zu erbringen, sollte man auch die zunehmende Streitlust der Patienten nicht übersehen. Die Gerichte werden mit Klagen wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Kunstfehler geradezu überschwemmt, und der Zahnarzt, der nicht „lege artis“ arbeitet bzw. dies nachweisen kann, wird im Prozess untergehen.
Spitzenleistungen – die kann man heute eigentlich nur noch dann abliefern, wenn man sich vieler Hilfsmittel bedient, und hier sind auch und in erster Linie optische Hilfen gefordert. Der Patient kann leicht erkennen, dass sich „sein“ Zahnarzt besondere Mühe gibt – schließlich sind Lupenbrillen, Mikroskope etc. sehr auffällig, die kann man nicht übersehen. Und, sie sind ja tatsächlich sehr nützlich – man kann viel weniger übersehen, sind doch die Sichtverhältnisse in der Mundhöhle unübersichtlich genug.
Gutes Licht und gute Sicht
, das muss die Parole einer qualitätsorientierten Praxis sein! Eine gepflegte OP-Leuchte, spezielle Lichtleiter (die können zusammen mit der Lupenbrille ebenso wie mit dem Mikroskop eingesetzt werden) – da hat es der Zahnarzt auch leichter und die Arbeit geht rascher von der Hand.
Man darf auch nicht den Trend hin zu „minimal invasiver Therapie“ unbeachtet lassen. Patienten lassen sich nicht mehr so widerspruchslos wie früher die Zähne extrahieren („der Zahnmuss raus“ – da kommt doch die Frage: „Warum? Gibt´s da keine andere Möglichkeit?“), und das Prinzip Black´s „extension for prevention“, nun das gilt auch schon lange nicht mehr.
Man muss ich nur die Zahlen ansehen – Endo-Therapien haben neben den Implantationen die höchsten Zuwachsraten. Das beweist doch nur, dass Patienten die Zahnlosigkeit als Endergebnis der zügigen Extraktion nicht mehr akzeptieren wollen.
So hat der Einsatz von Vergrößerungshilfen weite Verbreitung gefunden, und eine weitere deutliche Zunahme ist zu erwarten. Es ist ja auch unter dem Blickwinkel „minimal invasive Therapie“ kaum möglich, auf solche Hilfen zu verzichten – wie sonst könnte man Karies in so frühem Stadium entdecken, wie gefordert, oder wie könnte man tatsächlich alle Kanaleingänge bei einer endodontischen Therapie identifizieren, oder wie auch nur die exakten Präparationsgrenzen sowie die Bedeckung dieser durch die Restauration? Nimmt man den Auftrag „Zahnerhaltung“ ernst, führt an Vergrößerungshilfen kein Weg vorbei.
Diagnostik und Compliance
Man kann mit unbewaffnetem Auge unmöglich präkariöse Veränderungen, wie z.B. einen WhiteSpot, von einer kariösen Primärläsion unterscheiden. Wenn das ein Zahnarzt schon nicht kann, wie sollte dann ein Patient nachvollziehen, wenn erklärt wird, hier müsse eine aufwendige (minimal invasive Therapie kann man nicht innerhalb des Bema machen, das sollte eigentlich ein Konsens sein) und kostenträchtige Therapie vorgenommen werden, wo doch gar kein „Loch im Zahn“ zu sehen ist?! Hier sind vergrößerte Bilder (die kann man mit der Intraoralkamera sehr gut gewinnen) eine perfekte Ergänzung zum Röntgenbild, denn das kann der Patient auch nicht „lesen“. Wenn jedoch neben dem Röntgenbild auch das vergrößerte Abbild des Zahns auf dem Bildschirm betrachtet werden kann, wird auch der uneinsichtigste Patient nachvollziehen können, das der Zahnarzt nicht einfach nur bohren will, um seine Taschen zu füllen, sondern dass hier ein um das Patientenwohl besorgter Arzt eine frühzeitige Therapie anstrebt, um den Schaden möglichst klein zu halten.
Erste Wahl bei der Diagnose sind Lupenbrillen, in Kombination mit Lichtquellen. Dabei sind spezielle Lichtquellen, wie Kaltlichtleiter etc. dem eingebauten Licht an den Lupenbrillen wohl etwas überlegen, besonders wegen der besseren Ausleuchtung der Interdentalräume.
Der Gebrauch von Cariesdetector, der immer üblicher wird und eine sehr gute Abgrenzung erkrankter gegen noch gesunde Zahnabschnitte zulässt, wird auch erst mit dem begleitenden Einsatz von optischen Hilfen so richtig sinnvoll. In Kombination von Caries Detector und Vergrößerungsinstrumenten hat man eine perfekte Sicht und kann auch die dünne Barriere von Dentin, die die Pulpa schützt, noch sicher identifizieren und vermeidet so die akzidentielle Eröffnung des Pulpacavums. Ohne geeignete Vergrößerung kann man bei weitem nicht so gut nicht zwischen Dentinbarriere und erkranktem Zahnmaterial differenzieren, insbesondere in der Region der Pulpahörner.
Für den Zahnarzt ist die Optik hilfreich – aber, sie hilft auch bei der Einbindung des Patienten. Zeigt man auf einem Bildschirm die bakterielle Plaque – den Biofilm -, die mit unbewaffnetem Auge für den Patienten nur als Verfärbung erkennbar wird, in Überlebensgröße, so wird dies zu einer besseren Mitarbeit führen.
Darstellungen bakterieller Plaque sind ein schlagendes Argument für bessere Prophylaxe und für die professionelle Zahnreinigung…
Selbstkontrolle der Therapie
Fertigt man Alginatabformungen von zahnärztlichen Restaurationen an, so sieht man recht gut, dass anscheinend gut anliegende Ränder eben doch nicht so perfekt sind wie man gedacht hat. Das kann man jedoch mit geeigneten optischen Hilfsmitteln auch ganz unmittelbar: Ränder von Komposit-Füllungen können mit Lupenbrille oder Mikroskop recht gut kontrolliert werden, ebenso die Abschlussränder von Inlays. Nachdem immer mehr Patienten „ästhetische“ Restaurationen fordern (ästhetisch bedeutet hier „Weiß“ und „randfrei“), lässt das Vertrauen in den Zahnarzt rasch nach, wenn in kurzer Zeit nach der Behandlung unschöne verfärbte Ränder auftreten – das kann man schon im Ansatz vermeiden.
Therapie
Endodontie
Es ist nicht einfach, ohne Vergrößerung die Kanaleingänge der Seitenzähne korrekt darzustellen bzw. überhaupt erst zu entdecken. Manche Molaren haben vier, fünf oder mehr Kanaleingänge – die findet man aber mit bloßem Auge nur in den seltensten Fällen. Endo-Therapien ohne Vergrößerung sind heute nicht mehr als lege artis anzusehen, das ist Fakt. Hat man dann die Kanäle gefunden, so hilft geeignetes Instrumentarium auch bei der Aufbereitung. Fiberglas-Optiken erlauben es, bis zum Apex unter Sicht zu arbeiten. Auch in der
Parodontologie
ist die Vergrößerung eine wertvolle Hilfe, nicht nur bei Operationen. Die Compliance ist das wichtigste prognostische Kriterium bei der Planung einer PAR-Therapie – nur bei perfekter Mitarbeit, d.h. sehr guter Mundhygiene, ist ein Erfolg sicher zu stellen. Es ist jedoch nicht einfach, einen Patienten davon zu überzeugen, dass es Bakterien sind, die sein Zahnfleisch und den Knochen zerstören. Hat man ein Mikroskop zur Hand, kann man das ganz unmittelbar demonstrieren – die zeitnahe Auseinandersetzung mit dem Thema ist viel effektiver als ein späterer schriftlicher Befund. So gewinnt die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient durch den Einsatz eines Mikroskops oder einer anderen vergrößernden Optik eine ganz neue Dimension. Ein Mikroskop, richtig für die Aufklärung eingesetzt, kann oftmals mehr bewirken als noch so viele Gespräche…
Und eine PAR-OP ist ohne zumindest Lupenbrille auch nicht mehr vorstellbar!
Zusammenfassung
Vergrößernde Hilfsmittel sind hilfreich –aber, sie sind auch notwendig, um die vorgeschriebene Qualität der Arbeit zu sichern. Die Rechtsprechung tendiert zunehmend dazu, ohne Rücksicht auf die Honorarsituation vom Zahnarzt eine Methodik einzufordern, die ohne Lupenbrille oder Mikroskop gar nicht geleistet werden kann. Einreden, man habe eine Situation nicht korrekt einschätzen können, weil bestimmte Sachverhalte eben unsichtbar geblieben seien, werden bei Richtern heute kaum mehr Gehör finden.
Auch das vom Gesetz vorgeschriebene QM – internes Qualitätsmanagement – übt hier Druck aus. Ist im QM-Handbuch eine Arbeitssystematik dokumentiert, die alle modernen Hilfsmittel unter Einbeziehung von Lupenbrille, Mikroskop und ggflls. Intraorale Kamera bzw. Endoskop integriert, so hat man vor Gericht kaum viel zu befürchten. Der Zahnarzt hat ja anschaulich nachgewiesen, dass er sich um seine Patienten sorgt und ein Maximum an Arbeitsqualität anstrebt. Nicht zu vergessen ist, dass dabei auch ein Honorar deutlich über dem Durchschnitt akzeptiert wird – da spielt die Gesetzgebung ebenso mit wie die Patienten und eben auch ein Gericht im Streitfall!
Nach einem Artikel dpr europe, Sept. 2005, Autor Dr. G. Hetz
Dr. Gerhard Hetz