Die Zukunft der (Zahn)arztpraxis
Mitte des Jahres wurde das „Versorgungsstärkungsgesetz“ verabschiedet. Nach gründlicher Betrachtung kommt da ein Wolf im Schafspelz daher. Die „großen“ Krisen im Land (Flüchtlinge, Griechenland) haben für genügend Ablenkung gesorgt, dass hier wieder ein großer Schritt in Richtung Staatsmedizin getan werden konnte, ohne dass dies größere Beachtung gefunden hätte.
Natürlich lobt sich die Regierung selbst für diese Großtat (siehe unten). Das tut man immer, egal ob das später vom Verfassungsgericht kassiert wird (nicht wenige Gesetze werden dann später von den Richtern als unzulässig angesehen). Jedoch sollte man den Weg in die sozialistische Staatsmedizin nicht auf die leichte Schulter nehmen!
Was wurde da beschlossen und in Gesetzesform gegossen?
Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erhalten Anspruch auf zusätzliche Leistungen zahnmedizinischer Prävention.
Eine tolle Sache, wenn da nicht das Budgetproblem wäre. Die zusätzlichen Leistungen lösen keine Vergrößerung des Budgetrahmens aus, also wird das von den Leistungserbringern selbst bezahlt. Und: wer sich auf dem Gebiet engagiert hat das Problem, unmittelbar in die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu geraten. Die soziale Randgruppe löst, ebenso wie z.B. Migranten oder sozial Schwache, nachweisbar deutlich höhere Leistungsmengen aus, wie zahlreiche wissenschaftliche Studien zweifelsfrei gezeigt haben (der Gesundheitszustand ist ebenso schlecht wie die Compliance). Wenn diese Randgruppen gleichmäßig überall verteil wären wäre das kein Problem, jedoch bilden sich regelmäßig Zonen höherer Konzentration heraus, in denen der tätige Zahnarzt dann ganz schnell über dem Landesdurchschnitt abrechnet.
Zudem werden die Gründungsmöglichkeiten für medizinische Versorgungszentren weiterentwickelt. Kommunen können durch Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums insbesondere in ländlichen Regionen aktiv die Versorgung mitgestalten.
Das heißt im Klartext, es werden – wie zu Zeiten der DDR – Polikliniken in öffentlicher Hand gegen freie Praxen konkurrieren, wobei die öffentlichen – wie schon die Krankenhäuser – mit hohen Subventionen aus den öffentlichen Haushalten gestützt werden.
Ärzte sollen dort tätig sein, wo sie für eine gute Versorgung gebraucht werden. Künftig soll eine Praxis in einem überversorgten Gebiet nur dann nachbesetzt werden, wenn dies für die Versorgung der Patienten auch sinnvoll ist. Diese Einzelfallentscheidung treffen Ärzte und Krankenkassen in den Zulassungsausschüssen vor Ort.
Das heißt, der Nachwuchs soll gezwungen werden aufs Land zu gehen, indem den Jung(Zahn)ärzten die Niederlassung in der Stadt verwehrt wird. Für die Patienten bedeutet dies noch längere Wartezeiten, wenn die Anzahl der Ärzte reduziert wird (in den Planungen zur „Überversorgung“ wird regelmäßig vergessen, dass Patienten, die zwar auf dem Lande wohnen, jedoch in Stadt arbeiten, auch dort zum Arzt gehen. Überdies wird der Zahn(Arzt)Beruf zunehmend Frauensache, und wenn die Kolleginnen Familie haben wollen, können sie nur Teilzeit arbeiten (Anstellung!) und sind zudem abhängig vom Job des Partners, der jedoch regelmäßig in der Stadt gelegen ist. Nur Landwirte arbeiten noch auf dem platten Land. „Pendeln“ über größere Distanzen ist jedoch unzumutbar, das will auch kaum Jemand, kann man an der grassierenden Wohnungsnot in den Ballungszentren sehen.
Um die hausärztliche Versorgung nachhaltig zu stärken wird die Zahl der mindestens zu fördernden Weiterbildungsstellen von 5.000 auf 7.500 erhöht. Weiterzubildende in der ambulanten Versorgung sollen die gleiche Vergütung wie ein Assistenzarzt im Krankenhaus erhalten.
Damit wird die grundrechtlich garantierte Vertragsfreiheit ausgehebelt. Ein Vertrag zwischen einem Ausbildungsassistenten und dem Praxisinhaber war bislang stets Verhandlungssache und die Entlohnung abhängig von der Leistung. Zukünftig ist der Ausbildungassistent quasi Staatsangestellter.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen werden verpflichtet, Terminservicestellen einzurichten. Sie sollen Versicherten mit einer Überweisung innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt vermitteln. Um die psychotherapeutische Versorgung zu verbessern, wird der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt, die Psychotherapie-Richtlinie zu überarbeiten.
Eine besonders unausgegorene Idee. Wie schon auf dem Wohnungsmarkt (Stichwort Mietpreisbremse, Kappungsgrenze) soll dem Mangel durch restriktive Gesetze begegnet werden. Lange Wartezeiten sind jedoch primär bereits durch vorhergehende unsinnige Regelungen bedingt: wenn es zu wenige Ärzte oder Psychotherapeuten gibt, weil es eine Zulassungssperre gibt, gibt es auch zwangsläufig lange Wartezeiten. Wie man dem Mangel mittels Ordre de Mufti begegnen mag bleibt schleierhaft und kann nur mit der Planwirtschaft der DDR verglichen werden. Die Patienten werden ebenso wenig einen Arzt finden wie sie in den Ballungszentren eine Wohnung finden können, es sei denn, sie sind bereit, hohe Zahlungen zu leisten.
Bei bestimmten mengenanfälligen planbaren Eingriffen erhalten Versicherte einen Anspruch auf die Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung.
Auch so ein Unsinn. Die Patienten können beim Zahnarzt jederzeit eine Zweitmeinung einholen, die dieser dann kostenlos (!) erbringen muss (ZE HKP wird ja nicht vergütet). Ob dies die Versorgungsqualität stärkt muss doch sehr in Zweifel gezogen werden.
Wer sich das genauer ansieht was da beschlossen wurde kann nur den Kopf schütteln. Es ist überdeutlich zu erkennen, dass dies wieder ein Riesenschritt in Richtung Staatsmedizin ist. Nun ist ja der Gesundheitsminister angeblich CDU-Mitglied. Jedoch, ebenso wie bei allen anderen Gesetzen, ist das inhaltlich keine „konservative“ oder gar „christliche“ Politik, das ist die Handschrift der linken Politiker aus der SPD. Und die hat ihren Lenin gut gelernt: man braucht gar keine Mehrheiten, man kann den Mehrheitspartner bestimmen. Die Mehrheitspartei CDU/CSU wird, wie in der DDR, vom Juniorpartner (damals die KPD, heute SPD) innerhalb der SED beherrscht. Das Feigenblatt „Kanzlerin“ stört da keinen, es wird sowieso sozialistische Politik gemacht.