Ein heikles Thema: Intelligenz!
Die Zeit hat in einer ihrer letzten Ausgaben ein besonders heikles Thema mutig angepackt: Intelligenz ist nicht lernbar, Intelligenz wird ererbt und steckt in den Genen. Erstaunlich, dass hierauf bislang keine heftigen Diskussionen ausgebrochen sind bzw. kein shitstorm über die Redaktion hereingebrochen ist. Anscheinend wird das Blatt nicht so weit verbreitet gelesen.
Die verantwortlichen Redakteure haben dazu ein Interview mit Prof. Robert Ploming vom Londoner Kings College geführt. Plomings erläuterte, dass er in seiner Forschungsgruppe etwa 11000 ein- und zweieiige Zwillinge untersucht habe (basierend auf dem CCSE-Test, der analog dem mittleren Schulabschluss – „mittlere Reife“- zu sehen ist). Dabei hätte die Forschungsgruppe analysiert, dass ca 60 Prozent des Schulerfolgs wohl auf genetische Faktoren zurückzuführen sei. Die restlichen 40 Prozent würden durch andere Faktoren bestimmt, wie Elternhaus, Freunde, Lebensweise oder Krankheiten, also Umweltbedingungen. Den weitaus größten Einfluss hätten die Gene auf die Intelligenz, ausgedrückt durch die Fähigkeit zu abstraktem Denken und das Gedächtnis, die räumliche Vorstellungskraft sowie verbale Fähigkeiten, also alles Parameter, die ein gängiger „Intelligenztest“ misst. Dabei misst Plomings dem Schulunterricht eine ganz geringe Rolle bei der Entwicklung intellektueller Fähigkeiten zu, etwa 10 Prozent. Diese 10 Prozent sind sehr wichtig, da damit eben ein Maximum aus den Kindern herausgeholt werden könnte, jedoch könnte der Einfluss der Gene nie durch Umwelt eliminiert werden. Diese Aussagen müssten enormen Einfluss auf die Schulpolitik haben, da damit jeder Inclusion Erfolglosigkeit beschieden wäre und dem traditionellen gegliederten Schulsystem der Vorzug zu geben wäre. Denn, dann erst wäre die individuelle Förderung optimierbar.
Solche Statements sind brandgefährlich, setzt man sich doch damit leicht der Gefahr aus, als Rassist bezeichnet zu werden, der elitärem Gedankengut anhängt. Als der amerikanische Professor Arthur Jensen 1969 seine Erkenntnisse publizierte, dass 80 Prozent der Varianzen der IQ-Tests genetischer Natur wären, besetzten aggressive Studenten sein Büro in Kalifornien, und der zu gleichen Ergebnissen kommende Professor Hans Eysenck wurde tätlich angegriffen während einer Vorlesung an der London School of Economics: ein Student schlug ihm die Nase ein.
Die Kontroverse explodierte förmlich als die beiden Professoren der Harvard University, Richard Herrnstein sowie Charles Murray, der erstere Psychologe, der zweite Politologe, 1990 ihr Buch publizierten, das die sog. Bell Kurve enthielt, der zufolge die Schwarzen Amerikas durchschnittlich einen IQ von 85 und die weiße Population der USA einen IQ von 103 hätten. Sie folgerten, dass es eben keine prinzipielle Benachteiligung der Schwarzen gäbe, sondern dass es genetische Unterschiede wären, die zu unterschiedlichem Schulerfolg führten. Die Empörung wurde dann auf die Spitze getrieben, als sie ferner folgerten, dass Sozialprogramme (in USA “Welfare“) Frauen mit minderem Bildungsstand dazu verführten, möglichst viele Kinder zu gebären, weil das ökonomisch für sie am sinnvollsten sei und sie damit den durchschnittlichen IQ der USA minderten.
Natürlich kamen da Erinnerungen an die NAZI-Zeit auf, und eine natürliche Gegenwehr gegen die Vorstellung, dass Kinder von Geburt an prädestiniert wären für bestimmte Laufbahnen.
Kaum meinte man es wäre Gras über diese Aussagen gewachsen meldete sich Dominic Cummings letztes Jahr mit einer 250 Seiten lange Studie zurück, der zufolge Gene hauptursächlich für die Unterschiede in den DCSE Scores wären, und Schule, Lehrer, soziale Umgebung oder sogar Familien eine deutlich geringere Rolle spielten, und dann setzte Boris Johnson noch einen drauf und erklärte, dass Menschen weit entfernt seien von gleichen Fähigkeiten.
Spätere Aussagen Cummings, unterstützt von dem oben genannten Plomin, gaben nur noch 60 Prozent an genetischer Prädisposition an, immerhin.
Aber, immer noch schließen die Forscher daraus, dass es für die Gesellschaft sinnvoller wäre, anstatt eine unerreichbare Gleichheit anzustreben, der individuellen Förderung den Vorzug zu geben. Sie meinen, eine Selektion der Kinder in solche, für die eine wissenschaftliche Karriere sinnvoll und vermutlich auch weniger stressig wäre und solche, die besser in anderen beruflichen Möglichkeiten aufgehoben sind, sei zumindest aus ökonomischer Sicht erstrebenswert, dies unter ausdrücklicher Erwähnung der Tatsache, dass solche Modelle einer frühzeitigen Selektion in den asiatischen Ländern kritiklos durchgeführt würden und so zum ökonomischen und wissenschaftlichen Erfolg dieser Staaten beitrügen.
Nun kann man ja die Dinge sehen wie man mag, die Aussagen sollten zumindest nicht gleich vollständig verworfen werden. Immerhin ist es allgemein akzeptiert, dass z.B. sportliche Begabungen möglichst frühzeitig entdeckt werden sollten, damit die frühe Förderung zu entsprechenden späteren Leistungen führen könnte. Spätstarter haben ja tatsächlich nur noch in den seltensten Fällen eine Chance. Weshalb soll das nicht auch für intellektuelle Fähigkeiten gelten?
Interessant in diesem Zusammenhang wäre auch eine Rückbesinnung: mit dem traditionellen deutschen gegliederten Schulsystem hat Deutschland eine führende Stellung in der Welt eingenommen, insbesondere die Gliederung in Akademiker und Facharbeiter machte einmal deutsche Produkte und Erfindungen zu dem, was der glänzende Name sagte: „Made in Germany“. Damit so etwas funktionieren kann muss jedoch stets der gegenseitige Respekt gegeben sein. Der Akademiker mit seinem hohen IQ braucht den Handwerker mit seinen manuellen Fähigkeiten ebenso wie umgekehrt der Handwerker den Denker an seiner Seite benötigt. Für Überheblichkeit besteht auf beiden Seiten kein Anlass.
Ploming hat in dem zitierten Interview jedenfalls Eltern davor gewarnt, von ihrem Kind das falsche zu erwarten, sie sollten lieber die individuellen Fähigkeiten erkennen (lassen) und sie nicht in eine Rolle drängen, in der sie dann unglücklich sind. Die beste Antwort im Interview hat Ploming jedoch auf die Frage nach seinem eigenen IQ gegeben: dieser sei ihm unbekannt, und er sei ihm auch egal, Er habe Selbstbewusstsein, das genüge für jede Karriere, und das sei unabhängig von einem IQ-Test.
Dann hat er doch zugegeben, dass er nur aufgrund eines überragend ausgefallen IQ überhaupt ein Stipendium für sein Studium bekommen hat. Wie in angelsächsischen Ländern üblich gehen Stipendien nur an als förderwürdig angesehene Kinder aus sozial schwachen Familien, so wie das bin in die 80Jahre auch in Deutschland üblich war. Später hat der Linksdrall der Gesellschaft dazu geführt, dass die Begabtenförderung abgeschafft wurde, weil man der Auffassung war, so etwas wie Begabung gäbe es auf intellektuellem Gebiet nicht.
Das hat nun dazu geführt, dass man, um „Gleichheit“ herzustellen, mit den schulischen Anforderungen zurückgegangen ist, und wie aktuelle Veröffentlichungen zur Schulpolitik zeigen, damit neue Ungerechtigkeiten geschaffen hat: deutsche Abiturnoten sind überhaupt nicht vergleichbar, das Zeugnis ist mehr davon abhängig, wo es erworben wurde als von den individuellen Leistungen des Schülers.
Den Aussagen Plomings kann man jedoch aus vollem Herzen zustimmen: wenn Jemand (mit Hilfe seiner Eltern, Lehrer und anderer Bezugspersonen) seinen Platz im Leben gefunden hat, sei es als universitärer Forscher oder Koch, gibt es gar keine Unterschiede in Status oder Einkommen mehr – Fußballer z.B. verdienen ein zigfaches eines Hochschulprofessors, ein Spitzenkoch kann sich jederzeit mit einem Lehrer messen – weshalb also glauben Eltern und Politiker, sie müssten eine Gleichheit erzwingen, die doch offensichtlich nicht einmal theoretisch erreichbar und nicht einmal wünschenswert ist?
Nimmt man an, dass die Forscher Recht hätten mit ihren Aussagen, dann müsste sich das Bildungssystem grundlegend ändern. Die Wertigkeit der PISA-Studien müsste ebenso relativiert werden wie die Bewertung der Lehrer, die gegenüber genetischen Faktoren ja weitgehend machtlos sind. Trotzdem werden Lehrer für einen schulischen Misserfolg verantwortlich gemacht, bei gleichzeitiger Forderung nach Inklusion Behinderter (auch offiziell geistig Behinderter) in die Regelklassen. An den Anforderungen zerbrechen die Lehrer und zeigen, das ist bekannt, deutliche Stresssymptome, neigen zu Alkohol- und Medikamentenmissbrauch (wie alle stressbelasteten Berufstätigen, Ärzte, Manager, usw.) und längeren Krankheiten psychischer Art (psychische Krankheiten nehmen mittlerweile bereits Platz 2 der offiziellen Krankheitsstatistik ein, bezogen auf die Krankheitskosten).
Werkzeuge zur Vermeidung solcher Fehlentwicklungen gibt es. So steht ein sog. Intelligenz-Struktur-Test (IST) zur Verfügung, in dem nicht die Gesamtintelligenz (IQ) im Mittelpunkt des Interesses steht, sondern die intellektuelle Struktur, die, wie oben postuliert, genetisch bestimmt ist. Damit kann bei der Berufswahl geholfen werden: liegt die intellektuelle Begabung auf sprachlichen/verbalen Fähigkeiten, oder auf speziell mathematischen, oder ggflls, auf räumlich-strukturellen Gebiet, so kann, unabhängig von dem Gesamt IQ, zumindest eine Entscheidung für eine bestimmte Richtung leichter getroffen werden. Die Korrelation zwischen dem IST und dem späteren beruflichen Erfolg wird als „hoch“ angegeben.
Voraussetzung wäre jedoch, dass Unterschiede beim Menschen akzeptiert werden, und, dass solche Unterschiede nicht als diskriminierend angesehen werden.