Online-Magazin für die Zahnarztpraxis

Parodontologie heute

Parodontologie

Wenn man´s richtig macht die Königsklasse!

Einleitung

Die internationale Wissenschaftsgemeinde ebenso wie die lokale deutsche lässt keine Zweifel an der Tatsache, dass Parodontitis ab dem 35ten Lebensjahr die bestimmende Ursache für Zahnverlust darstellt. So harmlos dies klingen mag – bei einer in den entwickelten Ländern heute aktuellen durchschnittlichen  Lebenserwartung von 80 und mehr Jahren – Tendenz steigend – darf man davon ausgehen, dass also 45 Jahre lang Parodontalerkrankungen die zahnärztliche Therapie bestimmen, wohingegen die Karies als Ursache für Zahnverlust vernünftigerweise erst ab der Ausbildung der vollständigen Dentition (ohne Weisheitszähne), also  ab dem 12.Lebensjahr und somit nur für den Zeitraum von 23 Jahren, gewertet werden kann. 23 Jahre gegenüber 45 Jahren, die Diskrepanz ist unübersehbar, gleichzeitig jedoch sind die Aufwendungen für therapeutische Maßnahmen einseitig auf die Bekämpfung der Kariesschäden festgelegt. Für Parodontaltherapie wird relativ zum Behandlungsbedarf eine geradezu lächerliche finanzielle Ausstattung in den öffentlichen Gesundheitssystemen bereitgestellt. Parallel dazu wird die Parodontologie konträr zu ihrer Bedeutung in den Ausbildungssystemen erkennbar vernachlässigt, wie an den Curricula der Zahnarztausbildung – und das überall! –  erkennbar ist.

Dies soll an Zahlen dargestellt werden: laut KZBV Jahrbuch 2012 wird die BEMA-Position P200 insgesamt 12 738 000 Mal abgerechnet, entsprechend cá  950 000 Abrechnungsfällen. Dem stehen etwa 85 000 000 Abrechnungsfälle aus dem Bereich Kons/Chir. gegenüber. Dies bedeutet, dass auf einen PAR-Fall cá. 100 Kons/Chir-Fälle kommen. Bedenken wir bei Interpretation der Zahlen, dass konservierende Leistungen (also Therapie von Kariesfolgen) lediglich für 23 Jahre der Lebensspanne von hauptsächlicher Bedeutung sind, hingegen PAR-Leistungen für 45 Jahre (siehe oben). Alleine IP-Leistungen wurden in 2011 fast 9 000 000 Mal abgerechnet (10-mal so viele wie PAR!) obgleich doch IP-Leistungen in der GKV nur für den Patientenkreis der 6 bis 18 Jahre alten Kinder und Jugendlichen abrechenbar sind. Entsprechend ist die finanzielle Ausstattung: wurden in 2011 für Kons/Chir-Leistungen 6 599 Mio Punkte mit einem durchschnittlichen Punktwert von etwa 80 Cent (Primärkassen 0,878, Ersatzkassen 0,9365) über die KZVen abgerechnet, trotz stringenter Prüfungen mit dem Ziel, hier via Regress das Abrechnungsvolumen zu drosseln, so wird für PAR nur unwesentlich Geld ausgegeben (17,8 Mio Punkte).

Man kann daraus Schlüsse ziehen: die finanzielle Ausstattung der GKV, Teilgebiet Zahnheilkunde, resultiert – ebenso wie die Curriculae der Ausbildung – aus der Vergangenheit, als Karies noch eine überragende Bedeutung hatte, während die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte bezüglich Parodontalerkrankungen kaum Eingang in die Sozialsysteme oder Ausbildungsschwerpunkte gefunden haben. Damit zeigt die Politik, dass ökonomische Gesichtspunkte bei der Weiterentwicklung der GKV bestimmend sind, fachliche hingegen werden dem untergeordnet. Ähnliches findet man auch in der Allgemeinmedizin oder dem Krankenhauswesen oder der Versorgung mit Pharmaka. Man darf deshalb von einer vollständigen Ökonomisierung des Gesundheitswesens sprechen. Mit dieser Ökonomisierung verstößt die Politik gegen elementare Menschenrechte, was in dieser massiven Ausprägung nicht überall so zu finden ist. Besonders verwerflich scheint dabei, dass der Öffentlichkeit suggeriert wird, die GKV leiste für alles „Notwendige“, wobei damit den Bürgern die Möglichkeit genommen wird, eigene Entscheidungen zu treffen, z.B. indem eben durch Einsatz privater Mittel die Defizite ausgeglichen werden.

Jedenfalls darf die These aufgestellt werden, dass der Zahnerhalt im Alter (rekapitulieren wir: ab 35 gehen Zähne hauptsächlich  wegen PAR verloren) für die Politik keine Priorität hat. Dies ist nicht in allen Ländern so.

Analog jedoch sind Bemühungen, die Kosten für die PAR-Betreuung zu senken bzw. zu begrenzen. Hier ist zu nennen die Delegierung von PAR-Grundleistungen an dafür qualifizierte Hilfskräfte (DH, ZMF, usw.), wobei wir leider wieder das speziell deutsche Phänomen sehen müssen, dass die P200 als Hauptvariante der Therapie keine Unterscheidungen hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades bzw. Zeitaufwandes der PAR-Chirurgie trifft, weshalb nur empfohlen werden kann, alles, was über die geschlossenen Kürettage hinausgeht, im Weg der Abdingung  per GOZ abzurechnen.

Eine repräsentativen Studie in den USA des National Center for Health Statistics gab zur Prävalenz der PAR mit Nachweis einer schwere chronischen Entzündung des Zahnhalteapparates bei circa 15% der erwachsenen Bevölkerung der USA anzunehmen sei (Amar, 2003). Analog weist ein Bevölkerungsanteil von ca. 10–14% der erwachsenen Bevölkerung über 35 Jahren in Deutschland den höchsten klinischen Schweregrad der chronischen marginalen Parodontitis auf (IDZ, 2006).

Nun wäre es fatal erst zu einem solch späten Zeitpunkt einzugreifen.  Auch mildere Formen einer PAR sollten Beachtung finden, weshalb engagierte Präventionsprogramme zu fordern sind. Und: PAR sollte schon wesentlich früher stattfinden als erst mit dem höchsten Schweregrad! Diese Forderung wurde schon seit langem gestellt – hier im Dental Spiegel ebenso wie in anderen Publikationen (z.B. aktueller Stand der Parodontologie, Hetz et al), leider hat hier die Ökonomie bewirkt dass z.B. innerhalb der GKV erst ab einem PSI 3 ein Antrag gestellt werden darf, vor gar nicht so langer Zeit jedoch durfte man ab einer Sondierungstiefe von 3 mm, nach GOZ sogar ab 2 mm, tätig werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Parodontologie derzeit nicht ihrer wirklichen Bedeutung entsprechend in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, wobei sie für Gesundheit und Wohlbefinden eine bedeutende Rolle spielt, insbesondere im Hinblick auf eine immer älter werdende Bevölkerung.

PAR und Gesundheit

Es ist seit langem bekannt dass PAR-Erkrankungen einen Einfluss auf den Allgemeingesundheitsstatus haben. Erkenntnisse dazu wurden bereits vor Jahrzehnten von der WHO publiziert. Bei Betrachtung insbesondere des Aspekts der alternden Bevölkerung müssen insbesondere Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit ihrer besonderen Beziehung zu PAR-Krankheiten  wesentlich mehr Beachtung finden als bisher. Andere Probleme, wie z.B. Begünstigung von Früh- und Mangelgeburten, sind für die alternde Bevölkerung nur insofern von Bedeutung, dass eine Regeneration der Bevölkerung damit erschwert wird, was kaum durch Zuwanderung ausgeglichen werden kann, wie alle Statistiken zeigen. Unmittelbar im Zusammenhang stehen damit dann weitere Belastungen der Sozialsysteme.

Fazit: für die allgemeine Gesundheit ist die Erkennung und die Therapie von Parodontalerkrankungen von wesentlicher Bedeutung, und auch aus ökonomischer Sicht wäre es begrüßenswert, wenn hier eine längerfristige Denkungsart Fuß fassen könnte – was kurzfristig als Sparerfolg gefeiert wird kann, wie im Fall der PAR, längerfristig zu enormen wirtschaftlichen Zusatzbelastungen der Gesellschaft führen.

PAR und Wohlbefinden

Zahnverlust wird derzeit – zum Glück der regierenden – nicht als extrem bedeutsam angesehen. Studien zur OHIP (mundbezogene Lebensqualität) haben hier keine Anhaltspunkte geliefert, dass durch Zahnverlust die Lebensqualität als besonders betroffen angesehen würde. Auch geben Untersuchungen zu Zufriedenheit mit Zahnersatz kaum Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung. Nun sind solche Studien jedoch mit einer gewissen Skepsis zu bewerten. Denn: Wenn Zahnverlust als schicksalhaft und unabänderlich wahrgenommen wird, wird naturgemäß der Ersatz als wichtiger angesehen als der Zahnerhalt. Indiz dafür ist der Boom an Implantationen: ein Implantat ist Zahnersatz in besonderer Form – hier wird eine Illusion eigener Zähne erzeugt, daraus darf abgeleitet werden, dass andere Formen des Ersatzes nicht so günstig bewertet werden. Immerhin kosten Implantate ja nicht gerade wenig. Die Kenntnis von Alternativen, also ein Erhalt eigener Zähne, hingegen scheint gering ausgeprägt bzw. wird dem Zahnerhalt keine hohe Priorität eingeräumt. Es ist zu folgern, dass festsitzende „Zähne“ (z.B. Implantate) sehr wohl als positiv wahrgenommen werden und anscheinend die mundbezogene Lebensqualität zu steigern in der Lage sind, jedoch mit Fatalismus hingenommen wird, dass die natürlichen Zähne verloren gehen. Dabei wäre ein Zahnerhalt mit funktionell deutlicher Überlegenheit und deutlich billiger zu haben. Diese Diskrepanz kann wohl nur mit Informationsdefiziten plausibel erklärt werden, diese können durchaus auch bei Zahnärzten, Allgemeinärzten und Medien vorliegen, nicht nur in der Bevölkerung.

Nun darf jedoch die PAR nicht nur als lokales Geschehen gesehen werden (siehe oben), sondern auch als systemische Krankheitsform. Bezieht man in die Überlegungen ein, dass parodontale Entzündungen nachgewiesenen Einfluss auf die Symptome z.B. von Diabetes und Herz-/Kreislauferkrankungen haben, dann wirkt sich dies sehr wohl auf die Lebensqualität aus, ausgedrückt durch Zufriedenheitswerte der „gesundheitsbezogenen Lebensqualität“ (HRQOL- health realted quality of life).

Fazit: bei entsprechendem Bildungs- bzw. Informationsstand würde parodontale Gesundheit als bedeutender Faktor bei der mundbezogenen Lebensqualität (OHIP – Oral Health Impact Profile ) bzw. gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQOL) empfunden und als Folge auch zur Bereitschaft, erhebliche finanzielle Mittel dafür einzusetzen.

Aktuelle Therapieschemata

Prinzipiell hat sich nichts geändert an den Therapierichtlinien. Leider hat weder die DGP noch die DGZMK verbindliche Leitlinien dazu erarbeitet bzw. publiziert. Lediglich Teilaspekte sind „offiziell“ abgehandelt n(z.B. Laser, mikrobiologische Diagnostik, usw.) – auch bei den Amerikanern wird man nicht fündig. Anders als auf den meisten Teilgebieten  der Kariologie fehlen konkrete Hilfen. Daraus lässt sich zumindest ein Vorteil ableiten: dem behandelnden Arzt wird viel Therapiefreiheit zugestanden, und, Neuerungen können so viel rascher Einzug in den Kliniksalltag halten. Lediglich die Richtlinien der KZBV (festgelegt zusammen mit der GKV) haben einen für die Behandlung von Sozialpatienten verbindlichen Charakter.

Hilfsweise soll deshalb hier das aktuelle Schema der Universität von Maryland als Momentaufnahme herangezogen werden.

Auch hier wird explizit auf die elementare Wichtigkeit der regelmäßigen Mund Hygiene hingewiesen. Wie seit Jahrzehnten regelmäßig betont kann ohne gute Mundhygiene keine Therapie je erfolgreich sein. Deshalb ist einer Vorbehandlung mit Erfassung der Mundhygieneindizes über längere Zeiträume höchste Priorität einzuräumen. Weiterhin gilt im Therapieschema der Maryland-Klinik eine deutliche Konzentration auf die Ess- und Trinkgewohnheiten, subsummiert als Erfassung eines Ernährungsprotokolls sowie einer Information und Ernährungslenkung („essen Sie eine ausgewogene Diät und begrenzen Sie Zwischenmahlzeiten“). Ebenso gilt die unbedingte Empfehlung  sofort mit dem Rauchen aufzuhören.

Wie gewohnt wird dann als zweiter Therapieschritt (nach Implementierung einer angemessen guten Mundhygiene!) Scaling und Root Planing angegeben. Dies wird auch bei uns mittlerweile von der dafür ausgebildeten Assistenz vorgenommen. Den Erfolg muss dann der Zahnarzt in Folgesitzungen (Recall) kontrollieren.

 Explizit weist auch die Universität von Maryland auf die engen Zusammenhänge der PAR mit anderen, systemischen, Erkrankungen hin: Parodontitis und Herzerkrankungen hätten, so die Autoren, die identischen Risikofaktoren als Ursache, als da sind Rauchen und Diabetes. Die AHA (american heart association) hat wissenschaftliche Dokumente dazu publiziert: es gäbe keinen definitiven Beweis dass Zahnfleischerkrankungen Herzkrankheiten oder Schlaganfall verursachen, und, es gäbe auch keinen letztgültigen beweis dafür, dass eine Behandlung solchen Krankheiten vorbeugen könnte. Dazu seien mehr Beweise vonnöten.

Allerdings sind sich Parodontologen und Herzspezialisten  einig darin, dass Patienten mit einer Parodontitis und einem weiteren Risikofaktor jedenfalls den Herzspezialisten aufsuchen sollten, und Patienten mit Herzerkrankungen sollten regelmäßig den Parodontologen aufsuchen.

Hier scheint auch in Amerika die Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Allgemeinmedizinern schwierig.

Nach der Reelevation muss dann die Entscheidung getroffen werden ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, wie PAR-Chirurgische Eingriffe, o.ä.

Diagnostik, Befundung

Findet man bei der Erhebung des PSI Anhaltspunkte für eine therapiepflichtige Erkrankung, sind weitere Befunde erforderlich.

So ist es erforderlich, einen Röntgenstatus zu erstellen (z.B. genügt auch ein OPG). Der Grund: es ist vorgeschrieben, dass vor Beginn der PAR ein gesunder Zahnstatus gegeben sein muss – Karies, insuffizienter Zahnersatz, insuffiziente Füllungen, devitale Zähne mit oder ohne apikale Veränderung, all das muss in der Vorbehandlungsphase abgearbeitet werden. Dazu ist weiterhin vorgeschrieben, dass weitere Schritte zur Gesundung der Parodontien stattfinden müssen, insbesondere sind Zahnreinigungen durchzuführen, die im Rahmen der „normalen“ Patientenbehandlung erbracht und abgerechnet werden (cave: Wirtschaftlichkeitsprüfung, Limitierung der Zahnsteinentfernung auf einmal pro Jahr). Dazu ist eine Mindestwartezeit von etwa 4 bis 6 Wochen dringend anzuraten.

Bei der Röntgenbefundung tut sich gleich eine Falle auf: da rutscht man schnell in die Wirtschaftlichkeitsprüfung (mehr Rö´s als der LD), und, es müssen alle Befunde dokumentiert werden, es genügt nicht nur als Begründung „PA“ anzugeben. Eine besonders sorgfältige Dokumentation ist obligat. Dabei ist es elementar, dass die Daten in den Eintragungen stimmen.  Eine Antragstellung vor Erstellung eines Rö-Status führt dann bei einer Prüfung unweigerlich zur Aberkennung der gesamten Behandlungskosten.

Es ist anzuraten, mit dem Patienten eine Privatvereinbarung zu treffen, damit man nicht letztendlich auf nicht erstatteten Leistungen sitzen bleibt.

Maßnahme

Abrechnung

Röntgenstatus/OPG

BEMA/Kasse

Zahnsteinentfernung/Zahnreinigung

Privat, ev. Kasse (1.Sitzung)

Füllungstherapie

Kasse (Amalgam), Komposit (privat)

Zahnersatz prüfen und ggflls entfernen und durch temporären Ersatz austauschen

Kasse, ev. privat

Vitalitätstest alle Zähne

Kasse

Endo-Therapie

Kasse, besser Privatvereinbarung

 

Zur Präzisierung: therapeutische Vorbehandlungsmaßnahmen finden nach Feststellung einer PAR-Erkrankung, also nach Befundung und PSI-Erhebung, statt! Dabei muss ein SI von 3 bzw. 4 gegeben sein, bei einem PSI 0 bis einschließlich 2 darf keine PAR nach BEMA beantragt werden – es wird jedoch aus gesundheitlichen Gründen empfohlen, schon ab PSI 1 aktiv zu werden.

Röntgen

Der Röntgenbefund muss vollständig sein, d.h. das Bild muss den Anforderungen an Qualität entsprechen (alle Zähne einschli8eßlich Apikalregion müssen dargestellt sein!). Aus der Röntgendiagnostik ergibt sich die Planung der Vorbehandlung. So soll eine allfällige Endo-Therapie möglichst rasch eingeleitet werden, da es nach den Richtlinien einer Wartezeit von etwa 3 bis 6 Monaten bedarf, um die Endo-Behandlung als erfolgreich ansehen zu dürfen. Man darf jedoch erst nach Abschluss der Vorbehandlung – hier: der Endo-Therapie – überhaupt erst einen PAR-Plan erstellen! Kariöse Zähne sind ebenfalls zu behandeln –wenn der Zahnarzt plant, Karies im Rahmen der PAR-Behandlung mit zu therapieren („geht in einem Aufwasch“) ist dies nicht zulässig!

Der Abgleich des Vitalitätstests aller Zähne mit dem Rötgenbefund zeigt die Anzahl der endodontisch zu behandelnden Zähne. Beide Befundungen müssen dokumentiert werden. Füllungen werden danach beurteilt, ob es Schatten (Sekundärkaries?) oder überstehende Füllungsränder gibt. Auch insuffizienter bzw. Zahnersatz, der insuffizient wirkt – auf dem Röntgenbild stellt sich manchmal etwas anders dar als in der klinischen Untersuchung – ist entweder zu entfernen oder, wobei das Untersuchungsergebnis jedenfalls zu dokumentieren ist.

Vitalitätstests

Um devitale Zähne zu identifizieren ist ein Vitalitätstest aller Zähne erforderlich. Devitale Zähne zeigen nicht zwingend eine röntgenologische Auffälligkeit. Als Testverfahren kommt der Kältetest oder auch ein elektrisches Testverfahren in Frage. Die Vitalitätstests sind sinnvollerweise  im Rahmen der Untersuchung nach 01 vorzunehmen.

Vorbehandlung (GKV BEMA Richtlinien)

Zahnsteinentfernung

Es besteht kein Zweifel, dass eine PZR „professionelle Zahnreinigung“ einen ganz anderen Leistungsumfang hat als die Zahnsteinentfernung nach BEMA. Auch in ZMK-Kliniken wird deshalb die bloße Zahnsteinentfernung mittlerweile durch die auch dort kostenpflichtige PZR ersetzt. Die Leistungsziffer des BEMA reicht dafür nicht aus. Wenn immer möglich sollte deshalb im Eigeninteresse des Patienten eine Vereinbarung über eine PZR abgeschlossen werden. Mittlerweile hat sich das Angebot der meisten Praxen weiterentwickelt – es wird ein komplettes Paket angeboten, nicht nur die PZR, sondern „Prophylaxe“. Hierunter ist dann so etwas wie Ernährungsprotokoll erfassen, Ernährungsberatung, ggflls. Erfassung der Salivation, individuelle Pläne für die häusliche Mundhygiene, usw. zu verstehen.

Nun stellt sich das Problem, dass ein Patient sich weigern kann, eine Vereinbarung zu treffen: dann kann man entweder die Vorbehandlung unvollständig vornehmen oder kostenfrei für den Patienten durchführen. Wegen der doch erheblichen Mühe sollte dies kaum möglich sein.

Hier ist eine besondere Aufklärungspflicht gegeben –der Zahnarzt muss jetzt abwägen. Wenn ein Patient eine PZR bzw. Prophylaxe ablehnt, so ist im Allgemeinen auch anzunehmen, dass dann die notwenige Compliance, die für einen Erfolg einer PAR-Therapie erforderlich ist, nicht gegeben sein dürfte. Es ist dann zu überlegen, ob nicht eine pharmakologische (CHX o.ä.) Intervention statt einer systematischen PAR besser wäre. Dies ist in den RiLi´s nämlich festgelegt: wirtschaftlich im Sinne des SGB V ist nur, was mit einer ausreichend großen Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führt („gute Prognose“). Es ist nur dann sinnhaft, eine PAR-Therapie zu planen, wenn die Compliance ausreicht, denn diese ist der wichtigste Parameter der Erfolgs-  bzw. Misserfolgskriterien. Die Zahnsteinentfernung betrifft alle harten supragingivalen bzw. „leicht erreichbaren“ subgingivalen Beläge. Ein gründliches Deep Scaling ist davon ebenso wenig erfasst wie die Entfernung von Zahnverfärbungen oder gar weichen Belägen (Plaques). Die Zahnreinigung kann bzw. soll von Assistenzberufen vorgenommen werden.

Füllungstherapie

Zeigen sich insuffiziente Füllungen, so ist zu diagnostizieren und dokumentieren, um welche Art der Insuffizienz es sich handelt. Denkbar sind überstehende Füllungsränder (ein sehr häufiger Befund), die nicht nur durch Neuanfertigung, sondern auch durch Nachbearbeitung funktionsfähig gemacht werden könnten.

Kariöse Zähne müssen lege artis versorgt werden. Dabei sollen die modernen Möglichkeiten der minimal invasiven Techniken eingesetzt werden. Hier ergibt sich aus dem BEMA jedoch eine deutliche Limitierung: der BEMA kennt lediglich Amalgam bzw. ein „plastisches Material“ als „Füllung“, Kunststofffüllungen (die durch Polymerisation ausgehärtet werden und einem deutlichen Schrumpf unterliegen) sind nach BEMA lediglich im Fall einer Amalgamallergie (die es praktisch gar nicht gibt) oder der chronischen Niereninsuffízienz (muss vom Internisten bestätigt sein) nach den entsprechenden Leistungsziffern abrechenbar. Hier ist es zu empfehlen, die zulässige Kombination (GKV-Füllung mit Zuzahlung) zu wählen für den Fall, dass ein Patient eine Amalgamfüllung ablehnt.

Endotherapie

Eine „kombinierte Therapie“, in der geplant wird, dass man während der PAR andere Erkrankungen „mitbehandelt“ ist nicht richtliniengemäß und kann zum Honorarverlust führen. Die Endotherapie wird aus Sicht der Wissenschaft im Allgemeinen die optimale Therapieform sein. Allerdings kennt der BEMA die bekannten Einschränkungen, die eine Endo innerhalb der GKV auch als „unwirtschaftlich“ bezeichnet. Alternativ zur Endo devitaler Zähne kommt die Extraktion infrage, wobei bereits bei der Entscheidung dafür zu planen ist, ob fehlende Zähne dann durch ZE oder Implantate zu ersetzen sind. Dier Beratung dazu (Endo, Extraktion, ZE, usw.) muss im Vorfeld der Maßnahme stattfinden, wobei auch die finanziellen Konsequenzen abgearbeitet werden müssen (Beratungspflicht). Dazu gehört die Aufklärung auch zu gesundheitlichen Folgen.

Nur im Einvernehmen mit dem Patienten kann dann geplant werden.

Der wurzelkanalbehandelte Zahnsollte muss endgültig stabil restauriert werden. Hier gilt es, prinzipielle Überlegungen anzustellen. War es in der Vergangenheit eher so, dass man einer prothetischen Lösung zugeneigt war (gegossener Stiftaufbau), so hat die Adhäsivtechnik vollkommen neue Perspektiven eröffnet. Ein endodontisch versorgter Zahn wird durch eine adhäsiv verankerte Füllung sicherlich besser stabilisiert als durch eine konventionelle prothetische Lösung (z.B. Krone, eingesetzt mit Phosphatzement). Deshalb bleibt der Gestaltung und auch der Einbeziehung wirtschaftlicher Aspekte ein großer Spielraum.

Wichtig ist auch, dass stets mittels Röntgenbild der Erfolg (Wurzelfüllung) dokumentiert wird, und wenn die Wurzelfüllung nicht bis zum Apex reicht (was Gründe haben kann), so ist im Krankenblatt zu dokumentieren, weshalb der Apex nicht erreicht wurde.

Zahnersatz

Insuffizienter Zahnersatz ist zu identifizieren und zu entfernen – dies ist ein wesentlicher Teil der Vorbehandlung. Temporäre Versorgungen müssen parodontalfreundlich gestaltet sein; eine Neuanfertigung von Zahnersatz vor Abschluss der notwendigen PAR-Therapie kommt nicht in Frage.

Insbesondere soll bei ZE geachtet werden auf

*             Okklusion (Front-/Eckzahnführung, keine Hyperbalancen)

*             Randschluss

*             wenn immer möglich supragingivale Ränder

*             bei herausnehmbarem ZE stabile Verankerung (z.B. Doppelkronen, keine einfachen Klammern)

*             keine Verblockungen (nur temporäre Schienung in Sonderfällen)

Planung

Sind die Voraussetzungen einer PAR-Therapie auch nach Abschluss der Vorbehandlung gegeben (GKV: PSI >3, GOZ ab PSI 2) wird ein PA-Plan erstellt. Bei längerer Dauer der Vorbehandlung, z.B. wegen Endobehandlung wird erneut ein Röntgenbefund erforderlich, da nur der aktuelle Stand der Erkrankung als Basis der Planung zulässig ist. Auch hier muss jeder Befund dokumentiert werden – sollte sich jetzt noch ein Defekt zeigen, muss die Planung verschoben werden, da die Vorbehandlung noch nicht als abgeschlossen angesehen werden kann.

Dann ist noch eine exakte Befundung laut Formular (PA-Plan) erforderlich, wobei hier besonderes Augenmerk auf die Taschentiefen gelegt wird; Rezessionen sieht man auf den Röntgenbild nicht, die müssen klinisch erhoben werden. Auch der Furkationsbefall ist sicher zu erfassen.

Nicht erhaltungsfähige bzw. -würdige Zähne (nach GKV-Kriterien!) sind ebenfalls im Plan einzutragen und als zu extrahieren zu definieren. Die Extraktion ist bindend vorgeschrieben. Alle zweifelhaften Zähne sind ja zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der Vorbehandlung bereits behandelt worden.

Folgende spezielle Fragen sind von elementarer Bedeutung:

Die Frage nach „Raucher“ ist sehr wichtig, gibt dies doch einen Anhaltspunkt für die Prognose (Raucher haben eine sehr schlechte Prognose)

Diabetes ist ebenfalls eine relative Kontraindikation, wie das Rauchen, und bedarf besonderer Aufklärung.

Zusätzlich hat der Zahnarzt bei der Planung eine Abschätzung der Compliance abzugeben, die am besten durch Erhebung des API (approximaler Plaque Index) mittels Vordruck dokumentiert wird. Bei schlechter Compliance, ausgedrückt durch ungenügende Mitarbeit (Mundhygiene), ist die Planung so lange zu stoppen, bis die Compliance stimmt. Bei der Planung müssen auch geplante Recallsitzungen ebenso angegeben werden wie z.B. Schienen oder folgende ZE-Maßnahmen oder Einschleifsitzungen zum Okklusionsausgleich. Es ist jedoch daran zu denken, dass der Plan erst nach Abschluss der letzten beantragten Recallsitzung abgerechnet werden kann. Es ist deshalb davon abzuraten, zu viele Recallsitzungen zu beantragen bzw. den Zeitraum der letzten Recallsitzung zu weit in die Zukunft zu legen. Nicht nur, dass man dann sehr lange auf das Honorar warten muss, es ist auch ein Problem, bei der heutigen Mobilität der Menschen sicherzustellen, dass alle Recallsitzungen dann auch wirklich erbracht werden können.

Die PAR-Behandlung darf dann auch erst nach Eingang des genehmigten Plans begonnen werden.

PAR-Therapie

Primärtherapie

Die primär zu bevorzugende Therapie ist die geschlossene Kürettage. Ist eine andere chirurgische Behandlung (z.B. offene Kürettage) indiziert, so ist zu überlegen, welche späteren Eingriffe möglicherweise noch notwendig werden und ob man diese nicht an dieser Stelle einbezieht.

Ziel der primären Therapie ist es eine Eliminierung der parodontalen Taschen herbeizuführen. Dies wird erreicht durch Entfernung infizierten Gewebes, was zur Keimfreiheit am Interface Zahn/Parodont führt. Wird im Rahmen des Recall festgestellt dass dieses Ziel nicht erreicht werden konnte müssen  weitere Maßnahmen angedacht werden.

Ebenso ist zu prüfen, ob nach Initialtherapie ggflls. regenerative Verfahrung zur Anwendung kommen sollen, um die Situation zu verbessern.

Sekundärtherapie

Im Fall, dass weiter Infektionen feststellbar sind, sollte eine antibiotische Intervention in Erwägung gezogen werden. Dabei scheint es unzweckmäßig Antibiotika bzw. Bakterientests bereits zu Beginn einer Therapie (Primärtherapie) zur Anwendung zu bringen. Dass eine Infektion vorliegt ist schon aufgrund der Blutungsneigung sicher, da braucht man keine weitere Bestätigung. Nur, wenn die Primärtherapie aus welchem Grund auch immer erfolglos bleibt greift man zu speziellen Tests (schon um abzuklären, ob es sich um eine persistierende Erwachsenenparodontitis oder um eine aggressive Sonderform handelt, weiter muss geklärt werden, ob man ein Rezidiv oder ein Therapieversagen vor sich hat.

Eine solche gegen die Infektion gerichtete Therapie muss jedenfalls stets einer regenerativen Therapie vorgeschaltet sein. Im infizierten Gewebe lässt sich keine Regeneration erzielen.

Bei den regenerativen Verfahren gibt es die Membrantechnik, bei der das Einsprießen von Mundhöhlenepithel behindert wird, um dem Bindegewebe und letztlich dem Alveolarknochen die Möglichkeit zu geben in das freie Volumen einzuwachsen und so ein Reduktion des überlangen Saumepithels bzw. einen Attachmentgewinn zu bewirken. Daneben ist schon länger bekannt dass es auch möglich ist die Ausbildung von Zellen eines gesunden Parodonts zu fördern (Emdogain). Neu hinzugekommen sind nunmehr Möglichkeiten mittels Stammzelltherapie neues Parodont zu erzeugen (Univ.-Prof. Dr. Wolf-Dieter Grimm, Witten, DZZ 2012). Dabei sind auch Kombinationen der Verfahren vorstellbar.

Übergeordnet steht jedoch die Forderung, dass das Ergebnis ein taschenfreies Epithel am Zahn anliegt ohne irgendwelche Anzeichen einer Entzündung, wobei dafür die einfachste Möglichkeit dies festzustellen die Sondierung ist: wenn der Zahn von einer festen Gingiva umgeben ist, ohne Sondierungstiefe (also ohne Taschen), die keine Entzündungszeichen zeigt (BOP, Bleeding on Probing) darf man von einem erfolg ausgehen. Dabei ist noch etwas zu beachten: bei Rauchern zeigen sich deutlich weniger Blutungen, obgleich eine ausgedehnte Zerstörung des Parodonts vorliegen kann.

 

 

 

 

 

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