Europerio 9
Größter internationaler Kongress für Parodontologie weltweit
Dieses Jahr fand die Tagung in Amsterdam statt, die niederländischen Gastgeber haben die Zusammenkunft sehr gut organisiert, obgleich die immense Zahl an Teilnehmern (über 10 Tsd. !) doch sicherlich einiges an Aufwand bedeutete. Der Tagungsort im Kongress- und Messezentrum Amsterdams hat genug Platz geboten, jedoch war einiges an Laufwegen zurückzulegen.
Das Messezentrum Amsterdams ist sehr gut verkehrstechnisch angebunden und leicht mit ÖPNV erreichbar. Zum Airport Schiphol ist es nur eine kurze Fahrt, ebenso erreicht man die Innenstadt in ziemlich kurzer Zeit.
Die „Europerio“ findet regelmäßig alle drei Jahre statt, jedes Mal ist eine andere wissenschaftliche parodontologische Gesellschaft Gastgeber. Und dieses Mal waren die Niederlande dran.
Bruno Loos, Niederlande, stellte die Situation in Holland vor: bei Erwachsenen mit 35 oder älter findet man – wie generell in den Nordländern – eine Prävalenz von etwa 10 Prozent parodontal Erkrankten. Dies ist, relativ zu den deutschen Zahlen, eine sehr geringe Erkrankungsrate. Hier darf wohl geschlossen werden, dass die Prävention sehr gut funktioniert und die Nordländer recht gute häusliche Prophylaxe bzw. Mundhygiene betreiben. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass PAR Therapien nicht von den Sozialkassen bezahlt werden. So etwas kann ja durchaus motivierend wirken.olland vor: bei Erwaschsneen mit 35 uoder älter
Anton Sculean aus der Schweiz, amtierender Präsident des der EFP, berichtete, dass es europaweit etwa 4 Tsd. Parodontologen gäbe. Seit 2000 seien alleine 1000 Alumni neu graduiert worden. Das Präsidium der EFP bat ausdrücklich darum, die Bemühungen insbesondere auf Patienten mit 60 + zu fokussieren, hier wäre noch ein deutlicher Bedarf zu sehen. Dies insbesondere unter dem Aspekt, dass eine parodontale Gesundheit bzw. Erkrankung enorme Auswirkungen auf die Gesamtgesundheit hat – die Wechselwirkungen sind ja allgemein bekannt (bzw. sollten es sein), als da sind Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, usw. Diese Allgemeinerkrankungen treten ja insbesondere bei unseren älteren Patienten gehäuft auf.
Ian Chapple aus Großbritannien, Generalsekretär der EFP, betont, dass weltweit etwa 45 – 50 % der Bevölkerung von parodontalen Erkrankungen betroffen sind, bei Menschen jenseits der 60 wären es dann schon 60 Prozent und mehr – schwere PAR haben demgemäß etwa 11 Prozent, was 753 Millionen dringend Behandlungsbedürftigen entspricht. Dies führt zu zahlreichen vorzeitigen Todesfällen, wie Sharma et al in Clin Periol publiziert haben. Mittlerweile werden auch Nierenerkrankungen in Zusammenhang mit Parodontalerkrankungen gesehen. Als Wirkmechanismus wird angegeben, die chronische Inflammation beeinträchtige nachhaltig die Nierenfunktion, was in Großbritannien fast zwangsläufig zum vorzeitigen Tod führt – es gibt kaum Dialyseplätze und der NHS zahlt auch nicht dafür. So zeichnet PAR verantwortlich für eine andere Mortalitätsrate.
Soren Jepsen, unser deutscher Vertreter im Vorstand und Inhaber des Scientific Chair, gibt an: es sind insgesamt 134 Vortragende, 1753 zugelassene Abstracts, 308 Poster Sessions – all das zeigt, welche Bedeutung die Tagung hat.
Da die Zusammenkunft alle drei Jahre stattfindet, gibt es stets etliches an Forschungsergebnissen zu berichten. So hörte das Auditorium z. B. Ergebnisse einer großen Studie zu Risiken für Implantate, abhängig von den Faktoren Alter, Rauch-Gewohnheiten, sowie der Historie der vorangegangenen parodontalen Erkrankungen (Pommer et al, Wien). In einer sehr großen retrospektiven Untersuchung mit einbezogenen 20 Tsd. Implantaten, gesetzt in der Akademie für orale Implantation über den Zeitraum von 2004 bis 2016, konnten sehr positive Ergebnisse zum Erfolg implantologischer Maßnahmen berichtet werden. Immerhin gibt es eine 10-Jahr-Überlabensrate von über 90 Prozent. Jedoch: bei jüngeren Rauchern mit vorangegangener PAR-Historie fand sich ein um sechs Prozent höheres Risiko für einen Fehlschlag als bei gesunden Nichtrauchern der gleichen Altersgruppe. Pommer konstatierte, dass zwar alle Altes- bzw. Risikogruppen hinweg Rauchen das Risiko signifikant erhöht, außer bei jungen parodontal Gesunden.
Ian Chapple, erst kürzlich mit dem Jahrespreis der International Association for Dental Research (IADR) ausgezeichnet, stellte auf der Tagung ein weiteres äußerst interessantes Ergebnis vor: ungesunde Ernährung könnte Zahnfleischerkrankungen fördern. Hierzu sollte man wissen, dass dentale Plaques (Biofilm) für sich genommen keine Parodontitis auslösen, so der Forscher. Erst genetische, umweltbezogene und vor allem „Livestyle“bedingte Faktoren in Kombination mit dem Biofilm verändern die Balance zwischen gesund-krank. Zu Lifestyle gehören insbesondere sportliche Aktivitäten, Rauchen, Ernährung. Hier unterscheidet Chapple zwischen „Macronutrients“ und „Micronutrients“. Erstere können Entzündungen verursachen, letztere sind Co-Faktoren, die den oxidativen Stress in Humanzellen regulieren. Sie können ebenso „Gen Transciptions Faktoren“ rmegulieren. Oxidativer Stress ist der Hauptfaktor bei chronischen Entzündungen und spielt damit eine zentrale Rolle bei entzündungsbedingten chronischen Krankheiten, wie Typ-2-Diabetes, Cardiovasuläre Erkrankungen, metabolischem Syndrom, usw. Dies ist wohl der zentrale Link zwischen Parodontitis und systemischen Krankheiten, der Zusammenhang wurde ja mehrfach statistisch nachgewiesen. Nun konnte Chapple experimentell zeigen, dass eine signifikant höhere Blutungsneigung (Bleeding on Probing, BOP) entsteht, wenn Probanden mit einer hoch kohlenhydratreichen Kost ernährt wurden, verglichen mit der Vergleichsgruppe, die zuckerarm ernährt wurden. In weiteren Studien konnte auch gezeigt werden, dass eine „primitive“ Diät, bestehend aus Nahrung mit hohem Faseranteil, viel Antioxidantien, Fischöl, jedoch wenig Zucker, und experimentell unterlassene orale Hygiene. Man würde normalerweise erwarten, dass die Plaque Parodontopathogene produzieren würde mit den entsprechenden Folgen – jedoch, ganz unerwartet, die Blutungsneigung ging von 35 % auf nur noch 13 % zurück. Die britischen Forscher haben damit nachgewiesen, dass die Ernährung parodontale Gesundheit bzw. Krankheit steuert. Dies gilt natürlich auch für generelle Gesundheit. Die Forscher empfehlen als gesunde Diät:
Fisch(Öl), Fasern (Ballaststoffe), Obst, Gemüse – was man reduzieren sollte sind Zucker, natürlich, was sonst!