Materialkunde
Einleitung
Laut Zahnheilkundegesetz ist der Zahnarzt derjenige, der Zahnersatz anfertigt und sich dazu eines Erfüllungsgehilfen (Zahntechniker) bedient.[1],[2] ,[3],[4]Das zahntechnische Labor ist also ein Dienstleister für den Zahnarzt, der gegenüber dem Patienten vollumfänglich haftet. Um dieser Verantwortung gerecht werden zu können hat er in der Ausbildung sowohl die Zahntechnik als auch die Materialkunde als Pflicht- und Examensfächer gelernt. Er hat auch die Pflicht sich regelmäßig in gebotener Weise fort- und weiterzubilden.
Vereinfacht ausgedrückt: der Zahnarzt rezeptiert ein Material, das dann vom Zahntechniker eingesetzt wird. Natürlich dürfen „aktive“ Informationsquellen – z.B. Beratung durch den Medizinberater des Dentallabors, Berater der Industrie – genutzt werden, wobei offizielle Quellen (DGZMK, Fachgesellschaften, Forschungsergebnisse der Universitäten) stärker zu gewichten sind. Innerhalb des vorgeschriebenen Fortbildungssystems sollte eine vernünftige Verteilung der Inhalte vorgenommen werden, um keine Lücken entstehen zu lassen. Prinzipiell muss die Fortbildung in der Gewichtung das Therapiespektrum abbilden.
Damit sollte einsichtig sein dass auch eine Aktualisierung der Materialkunde-Kenntnisse obligat ist. Es ist unzulässig sich ausschließlich auf Aussagen der Industrie oder des zahntechnischen Labors zu stützen oder sich gar völlig aus der Materialdiskussion mit dem Labor herauszuhalten. Auf einem Auftrag ans Labor müssen Angaben zum Material enthalten sein, und diese sind für den Zahnarzt als Auftraggeber ebenso rechtsverbindlich wie für den Zahntechniker, wobei, wie dargelegt, der Zahnarzt die volle Verantwortung übernimmt. Im Fall von unerwünschten Nebenwirkungen, die bei jedem Material auftreten können, ist der Zahnarzt als einziger dann verpflichtet den Zwischenfall zu dokumentieren und Meldung an die zuständige Stelle zu machen. Weitere Regelungen können dem Medizin-Produkte-Gesetz (MPG) entnommen werden.
Nun wird ein Großteil der heute tätigen Zahnärzte mit Materialien arbeiten die im Studium gar nicht abgehandelt wurden. Dies ist der hohen Innovationsrate auf diesem Gebiet geschuldet. Die früher hauptsächlich eingesetzten Metalle werden zunehmend durch Keramik ersetzt, und auch die aus dem Studium bekannten Kunststoffe haben deutliche Veränderungen erfahren. Selbst die Metalle sind nicht mehr die gleichen – nur Gold ist ein beständiger Faktor, nur, es hat in der Prothetik so an Bedeutung verloren, dass dazu kaum etwas Neues zu sagen wäre. Bei Keramik darf jedoch keinesfalls der Zusammenhang mit der Fertigungstechnik vergessen werden – ohne die CAD/CAM Techniken hätte die Keramik nicht den Siegeszug antreten können, den wir beobachten konnten.
Prinzipien der Materialeigenschaften
In der Zahnprothetik werden drei grundverschiedene Werkstoffklassen zum Verbleib in der Mundhöhle eingesetzt:
– Metalle
– Keramik
– Polymerwerkstoffe („Kunststoffe“)
Die grundsätzlichen Unterscheide zu kennen ist elementar. Auf den spezifischen Eigenschaften basierende Konstruktionsprinzipien sind zu beachten.
Metalle
Metalle sind die ältesten bekannten Zahnersatzwerkstoffe. Schon in Altägypten fanden Metalle Verwendung, und hier war es Gold, das eingesetzt werden konnte. Die Eignung von Gold ist rasch erklärt:
es ist
- Extrem beständig gegen chemische Angriffe (Säuren, Basen)
- Sehr gut verarbeitbar wegen seiner Gieß- und Schmiedefähigkeit
- Es wirkt werthaltig, d.h., Gold war schon immer ein Zeichen von Wohlstand, weshalb man es auch gerne zeigte, auch in Form goldener Zähne
- Die Eigenschaften sind gut und lange dokumentiert
Gold wird meist in Form von Gemischen („Legierungen“) eingesetzt, wobei abhängig von den zugemischten Metallen die Eigenschnaften (Härte, Fließfähigkeit, Temperaturbeständigkeit, E-Modul, Farbe, usw.) beeinflusst werden können.
Ganz allgemein zeigen Metalle eine Besonderheit: sie sind wenig elastisch (d.h., bei Belastung verformen sie sich dauerhaft), einfaches Beispiel das Biegen eines Drahtes. Durch Zugabe spezieller Elemente kann eine gewisse Elastizität in erzeugt werden (Beispiel Uhrwerksfeder).
Zu Metallen äußert sich die DGZMK:
Für zahnärztliche Anwendungen werden praktisch ausschließlich Legierungen (= Mischungen verschiedener Metalle) genutzt. Bei den Legierungen für Zahnersatz unterscheidet man nach ihrem Hauptbestandteil Gold-, Palladium-, Silber-, Kobalt- und Nickellegierungen, lediglich Titan wird auch unlegiert eingesetzt. Speziell für kieferorthopädische Zwecke (Drähte und an den Zähnen zu befestigende Halteelemente) werden auch Stähle (Eisenlegierungen) und Titanlegierungen verwendet. Amalgame (Quecksilberlegierungen) dienen ausschließlich als Füllungsmaterialien.
Wie oben dargestellt sind Verlautbarungen der DGZMK „amtlich“ und damit bindend für den Zahnarzt. Komplett anders lautende Angaben von anderer Seite dürfen diese nicht in den Hintergrund treten lassen.
Ein wesentliches Thema ist die
Verträglichkeit
Alle Werkstoffe geben Inhaltsstoffe an die Umgebung ab. Dies sind im Fall von Polymeren auswaschbare Monomere sowie eventuell enthaltene Weichmacher. Bei Keramik werden – abhängig von der Art der Keramik – ebenfalls Inhaltsstoffe abgegeben, allerdings in weitaus geringerem Umfang. Aus Kunststoffen werden bevorzugt organische Verbunden abgegeben, was aufgrund spezifischer Probleme der Analytik weniger leicht nachweisbar ist als die aus Keramik oder Metall abgegebenen anorganischen Ionen. Die „Nachweisgrenze“ liegt bei Metall-Ionen um einige Zehnerpotenzen höher als bei organischer Substanz. Organisch ist hier in den Prinzipien der Chemie aufzufassen: wir unterscheiden „anorganische“ Chemie und „organische“ Chemie, wobei „organisch“ nur bedeutet „Kohlenstoff- bzw. Kohlenwasserstoffchemie“, anorganisch dann alles andere, wie Mineralien, Metalle, usw.
Bei Metallen nennt man diesen Löse-Effekt „Korrosion“. Die aus allen Werkstoffen abgegebenen Inhaltsstoffe können unerwünschte Nebenwirkungen zeigen, die dann zu dokumentieren und der Zentralstelle zu melden sind (Meldepflicht). Speziell bei elektrisch leitfähigen Materialien (Metalle) können neben den stets zu befürchtenden allergischen, lokaltoxischen und systemtoxischen Reaktionen auch elektrische Effekte auftreten.
Allergische Reaktionen sind im Zusammenhang mit allen Dentallegierungen bekannt, aber doch relativ selten, so die DGZMK, bei der alle Informationen zusammenfließen.
Allergischen Reaktionen bedingen eine bereits erfolgte Sensibilisierung (,,Allergisierung“) des Patienten. Sensibilisierungen basieren primär auf wiederkehrenden Kontakten der verursachenden Substanz mit der Haut, während eine Sensibilisierung über die Mundschleimhaut extrem selten ist. Solche Sensibilisierungen sind primär im privaten und beruflichen Umfeld zu suchen.
Häufige Allergien bestehen gegen Nickel, häufig in Verbindung mit Palladium. Der Zahnarzt sollte deshalb bei der Beratung zu Materialien nach Hautproblemen (z.B. Ekzeme) im Zusammenhang mit Modeschmuck, Münzen usw. fragen.
Allergische Reaktionen sind meist auf den Kontaktbereich des Materials mit der Mundschleimhaut beschränkt. Es kann aber auch zu Beschwerden im Hals, Lippenekzemen oder Streureaktionen an der Haut kommen. Die Mundschleimhaut ist gegenüber allergischen Reizen ca. 6 bis 10 Mal widerstandsfähiger ist als die Haut, deshalb werden Dentallegierungen sogar bei bestehender Sensibilisierung gegen eine ihrer Komponenten problemlos vertragen. Dennoch sollte bei bekannter Allergie generell ein Werkstoff verwendet werden, der die allergieauslösende Substanz nicht enthält.
Ein routinemäßiger Allergietest vor einer zahnärztlichen Behandlung wird nicht empfohlen. Nur bei begründetem Verdacht auf eine Allergie sollte eine Testung angeordnet werden. Der Nachweis einer Allergie gegen Dentalwerkstoffe gelingt mit dem Epikutantest, der beim Facharzt (Hautarzt/Dermatologe, Allergologe) vorgenommen wird. Esoterische Testungen (Pendel, Elektroakupunktur, etc.) finden in der wissenschaftlich orientierten Zahnheilkunde keine Anerkennung und dürfen die Therapieentscheidung nicht beeinflussen (siehe auch ZHK-Ges.).
Lokaltoxische Effekte können durch die erhöhte Freisetzung unedler Komponenten (z.B. Kupfer) einer Legierung entstehen, wenn diese infolge eines Verarbeitungsfehlers bei der Herstellung (Gießen, Löten, Verblenden) insgesamt oder in einem Teilbereich nicht ausreichend korrosionsfest ist.
Systemtoxische Effekte sind Schädigungen von Geweben, Organen, aber auch der Leibesfrucht und/oder Schädigungen von Zellen (Keimzellen, Krebsbildung) im ganzen Körper. Solche Gesundheitsschäden durch Dentallegierungen konnten beim Menschen bis heute nicht nachgewiesen werden, auch nicht bei Amalgam. Biologische Labortests zeigen allerdings sowohl bei Dentallegierungen als auch etlichen ihrer Komponenten ein Schadpotenzial, wenn sie in entsprechender Dosis (= zugeführte Menge pro Körpergewicht und Zeit) eingesetzt werden.
Trotz anderslautender Aussagen esoterisch/naturheilkundlicher Art, die hartnäckig Verbreitung finden, muss festgestellt werden: es liegen keine fundierten Erkenntnisse zu einer systemtoxischen Schädigung durch Dentallegierungen vor.
Elektrische Effekte entstehen auf der Basis galvanischer Elemente. Die gemessenen Spannungen bzw. Ströme sind außerordentlich klein, weshalb man eine Gefährdung definitiv ausschließen kann. Die Ströme können allerdings zu einem unangenehmen Empfinden (Kribbeln, Metallgeschmack) führen.
Mundbeständigkeit
Die hohe Korrosionsfestigkeit beruht bei den Edelmetall-(EM)-Dentallegierungen auf der Beständigkeit der edlen, d.h. sehr korrosionsfesten Hauptkomponenten, und bei den Nichtedelmetall-(NEM)-Dentallegierungen (Eisen, Kobalt, Nickellegierungen, die alle Chrom enthalten) auf der Ausbildung (und sofortigen Neubildung nach mechanischer Verletzung) einer Passivschicht aus Chromoxid; bei Titan und Titanlegierungen bildet sich eine solche Passivschicht aus Titanoxid. Die modernen (kupferreichen, Gamma-2-freien) Amalgame zeigen im zeitlichen Verlauf eine Zunahme ihrer Korrosionsfestigkeit; die Anfangswerte liegen im unteren Bereich der anderen Dentallegierungen.
Was jedoch weiter zu beachten ist: Metalle sind unelastisch und unterliegen dem „Cold Flow“, d.h., sie deformieren sich bei andauernder Belastung. Man kann sich das zunutze machen, indem z.B. eine Restauration „anfiniert“ wird, um die Passung zu verbessern. Auch ist diese Eigenschaft nützlich bei der Adaptation von ZE – Metall „beißt sich ein“. Nachdem natürliche Zähne einer kontinuierlichen Abrasion unterworfen sind kann eine Restauration mit Metallkauflächen ohne aktives Zutun sich automatisch ebenfalls anpassen. Negativ ist, dass z.B. bei längeren Brücken diese Deformation dazu führen kann dass die Pontics außer Okklusion geraten, weshalb stringent auf ausreichende Dimensionierung geachtet werden muss.
Die Herstellungsverfahren für Metallrestaurationen haben sich geändert: Edelmetalle wurden und werden im Guss Verfahren hergestellt, mit dadurch bedingten geringen Passungenauigkeiten. Titan und andere moderne Metalle werden wie Keramik mittels CAD/Cam aus dem vollen Material gearbeitet und sind deshalb, sofern die Konstruktion korrekt ist, besonders passgenau.
Bei der Auswahl der eingesetzten Metalle muss der Zahnarzt im Einvernehmen mit dem Labor die richtige Entscheidung treffen: je nach Dimensionierung muss ein Material mit sehr hohem E-Modul gewählt werden (z.B. Klammerprothesen, Modellgussprothesen), bei ausreichend Platzangebot ist man freier in der Auswahl.
Keramik
Keramik besteht prinzipiell aus Metallverbindungen. Dentalkeramik wurde aus „Porzellan“ weiterentwickelt. Diese Form der Keramik basiert auf Gemischen von Quarz, Feldspat und Kaolin. Quarz ist das Oxid von Silizium und ist auch die Basis für Glas, wobei eine Keramik stets als Glas aufzufassen ist, in das Kristalle aus anderen Mineralien eingelagert sind. Die Feldspate sind ebenfalls Glas-Bestandteile, sie bestehen aus Siliziumdioxid und sowie Natriumoxid, Kaliumoxid oder Kalziumdioxid. Daraus abgeleitet findet man dann Natronglas oder Kaliglas, usw. Kaolin stellt ein Aluminiumoxid-Siliziumoxid Gemisch dar und wirkt opalisierend sowie durch seine Kristallstruktur stabilisierend auf die gläserne Grundstruktur. Konventionelle Keramik ist also Mineral-verstärktes Glas und zeigt die Grundeigenschaften von Glas: sie ist hochelastisch, sehr Druck-fest, jedoch spröde und wenig belastbar auf Zugkräfte. Durch die Einlagerung von Fremdkristallen wird die Bruchfestigkeit dadurch erhöht, dass auftretende Bruchlinien sich nicht wie bei reinem Glas rasch durch das ganze Werkstück fortsetzen, sondern an den Kristallen gebrochen und umgeleitet werden.
Diese Form der keramischen Werkstoffe werden als „Silikatkeramik“ klassifiziert (Pospiech, 2004). Zugaben von Glimmer oder Leuzit können die Bruchfestigkeit verbessern (Fischer, 1989).
Je höher der Quarzanteil desto weniger Mineral kann eluiert werden, reines Quarzglas ist sehr resistent gegen lösende Agentien wie Wasser, Säure oder Lauge. Der in Dentalkeramiken übliche und aus ästhetischen und mechanischen Gründen notwendige hohe Anteil von Feldspat gibt bei Angriff lösender Agentien höhere Mengen an Mineral ab, die dann Zugang zum Körper finden. Deshalb darf auch das ästhetisch sehr schöne Bleiglas, das wir im Tischgeschirr finden, nicht für Dentalkeramik verwendet werden. Aluminiumoxid – Silikat (Kaolin) ist ebenfalls nicht vollständig löse-beständig.
Es sind keine Studien bekannt die eine negative Wirkung der aus Keramiken stammenden Mineralien auf den Organismus bestätigen würden. Trotzdem sollten solche Lösevorgänge beachtet werden – im Fall von ersten Bruchspalten verstärken sie die Weiterleitung des Bruchs (Spannungsrisskorrosion).
Diese Form der Dentalkeramiken zeichnet sich heute durch höchste ästhetische Eigenschaften aus, wobei die Schachstelle stets die geringe Bruchfestigkeit bzw. Zugfestigkeit ist. Um diesen Nachteil auszugleichen wurden Verblendkeramiken entwickelt, die im Prinzip Emaille darstellen, einen Verbund von Metall mit durch Aufschmelzen intensiv verbundener Keramik. Dadurch konnten die guten mechanischen Eigenschaften des Metallgerüsts verbunden werden mit der Ästhetik der Keramik (Verbundwerkstoff). Mit dieser Metall-Verbund-Keramik konnten sehr gute Langzeiterfolge erreicht werden, VMK gilt als „Goldstandard“ jeglicher festsitzender Prothetik.
Eine andere Entwicklungslinie hat zur Einführung von Oxidkeramik geführt. Wesentliche Vertreter dieser Stoffklasse sind Aluminiumoxidkeramik (z.B. Spinell) sowie Zirkonoxidkeramik (Pröbster, 2000, Mc Lean 2001). Diese Hochleistungskeramiken zeichnen sich durch verbesserte mechanische Festigkeit aus. Ziel der Entwicklung war, Keramiken zu schaffen, die auf eine Metallbasis verzichten konnten – die vollkeramische Restauration sollte ermöglicht werden.
Aber, auch diese Keramiken haben im Vergleich zu Metall eine wesentlich geringere Bruch- sowie Zugfestigkeit sowie eine ebenfalls wesentlich höher Druckfestigkeit sowie Elastizität.
Man kann Keramiken auch nach dem Herstellungsprozess kategorisieren: Sinterkeramik und Press- bzw. Gießkeramik. Dabei gilt es zu beachten: alle Keramiken sind im Herstellungsprozess starken Volumenveränderungen unterworfen. Die bei Metall lediglich zu beachtende Veränderung aufgrund des Erstarrungsprozesses sowie des Wärmeausdehnungskoeffizienten (bei Erwärmung dehnt sich jedes Material aus) konnte durch entsprechende Fertigungstechniken weite+gehend kompensiert werden, bei Keramik gestaltet sich dies deutlich schwieriger. Beim Sintern z.B. unterliegt die Keramik einem deutlichen Schrumpfungsprozess, was die Passgenauigkeit der Restauration negativ beeinflusst.
Trotz der unverkennbaren Schwierigkeiten wurde viel Forschungskapazität auf die Keramik gerichtet: Keramik ist relativ gut biokompatibel, sie ist hochästhetisch, sie hat eine geringe thermische Leitfähigkeit, die chemische Widerstandsfähigkeit ist verbunden mit hoher Farbbeständigkeit und sie besitzt eine große Härte – all dies wird als Vorzug gesehen (Lindemann, 2000, Kunzelmann, 2007, Pospiech 2004) und, es lagert sich wenig Plaque an (Chen, Weber 1986).
Die Probleme der Passgenauigkeit sind mittlerweile durch CAD/CAM Fertigung zumindest für keramische Gerüste oder keramische ZE-Teile, die keinen hohen ästhetischen Ansprüchen genügen müssen, lösbar geworden. Man darf jedoch auch andere Nachteile nicht vergessen:
– Die hohe Elastizität bedingt, dass Keramik nicht zurückweichen kann, Adaptation des ZE geht zu Lasten der natürlichen Dentition
– Die große Härte und Abrasionsfestigkeit bewirken ebenfalls dass eine Anpassung nur zu Lasten der natürlichen Dentition erfolgen kann
– Trotz der inzwischen recht guten mechanischen Festigkeit insbesondere der Zirkonoxidkeramik kommt der entscheidende E-Modul immer noch um Zehnerpotenzen unter dem von Metall zu liegen
Das bedeutet: der Zahnarzt (nicht der Techniker!) muss bedenken, dass im Laufe der natürlichen Abrasion der Dentition die Keramik zum Störfaktor werden kann, es muss eine auf die okklusale Situation gut angepasste Restauration verlangt werden, und es darf keine Überstrapazierung erfolgen. Auch wenn eine primäre Stabilität einer Restauration gegeben ist kann die enorme Dauerbelastung beim Kauvorgang zu Belastungsbrüchen führen, die der Techniker nicht vorhersehen kann, dazu ist er in den seltensten Fällen ausreichend qualifiziert.
Die Nichtbeachtung kann dazu führen, was man in der Praxis immer wieder sehen kann:
- Keramikinlays die aus dem Zahn herausragen (die haben sicherlich in der Vergangenheit einmal gepasst, nur, die Zahnsubstanz um das Inlay herum ist stärker abradiert als die Keramik)
- Keramische Vollkronen die sich zum Okklusionshindernis entwickelt haben und zu craniomandibulären Dysfunktionen geführt haben
- Scheinbar unerklärliche Frakturen an keramischen Restaurationen
- Frakturen an Brückenrestaurationen Jahre nach Eingliederung
Deshalb:
Keramik ist ein faszinierendes Material, das immer mehr in der Prothetik Verwendung findet. Jedoch sind materialbedingte Schwächen bzw. Nachteile insbesondere vom Zahnarzt zu beachten. Die Präparation muss auf die Materialeigenschaften Rücksicht nehmen – keine auslaufenden Ränder, ein Bevel ist aufgrund der Passgenauigkeit (gehen wir von CAD/CAM Restaurationen aus) überflüssig, wir benötigen stets ausreichend dimensionierte Randstrukturen, die Hohlkehlpräparation ist das Mittel der Wahl. Die okklusale Gestaltung muss auf die große Härte des Materials Rücksicht nehmen, ebenso muss obligat nur mit individuell eingestelltem Artikulator gearbeitet werden, um spätere Dysfunktionen zu vermeiden. Einschleifkorrekturen bei der Eingliederung sollten vermieden werden, der ZE geht zurück ins Labor, notfalls mit neuer Registrierung. Wenn immer möglich – bei größeren Restaurationen – sollten Metallkauflächen antagonistisch zu Keramik geplant werden. Größere Brückenspannen insbesondere im Unterkiefer sind abzulehnen, hier setzt man besser Implantate. Grundsätzlich gilt: Nicht nur auf Ästhetik schauen, sondern auch auf die Funktion!
Polymere / Kunststoffe
In einer exemplarisch gewählten Dissertation der Universität Münster (Hellak, 2007) wurde anschaulich dazu referiert, dass „Kunststoffe“, besser Polymerwerkstoffe, stets biologische Nebenwirkungen aufgrund der unvermeidbaren Restgehalte an Monomeren zeigen. Zahntechniker leiden in etwa 10 Prozent an Sensibilisierungen gegen diese Substanzen, und es ist kaum davon auszugehen dass diese nicht auch Folgen für den Prothesenträger hätten wenn sie inkorporiert sind.
Das Grundproblem dabei ist: es handelt sich im Gegensatz zu den andern großen Material Klassen, den Metallen uns Keramiken, um Materialien aus der organischen Chemie. Dabei steht der Forscher vor der Aufgabe, geringste Mengen von Stoffen analysieren zu müssen, ohne entsprechendes Handwerkszeug. Metallionen können in extrem geringer Konzentration nachgewiesen werden, Nachweisgrenzen liegen in der Größenordnung von 10 hoch – 10, eine Konzentration, die bedeutet: in einer Menge Wasser von 10 000 000 000 g entsprechend 10 Millionen Liter findet sich 1 Gramm der gesuchten Substanz. Diese Konzentration liegt außerhalb der überhaupt erzielbaren Reinheit. Reinstwasser, frisch hergestellt in der Quarzapparatur, enthält Verunreinigungen ab etwa 10 hoch minus 8, da findet man dann jedes Element, das auf der Erde in bedeutender Konzentration vorkommt. Diese Möglichkeiten haben dazu geführt, dass man z.B. Amalgam seitens der Laien als gesundheitsschädlich einstufen konnte, da man ja Quecksilber in dieser irrwitzig geringen Konzentration nachweisen konnte. Hinweise, dass in Konserven Quecksilber in ganz anderer Größenordnung gefunden werden könne blieben unbeachtet.
Die der Naturwissenschaft feindlich gegenüberstehenden Kreise der Esoteriker haben dann Kunststoffe (Polymere) als bevorzugtes zahnärztliches Material gefordert, das ganz schlüssig, weil man die auswaschbaren Bestandteile ja nicht so einfach analysieren konnte.
Moderne Polymerwerkstoffe – das sind sowohl Füllungsmaterialien, wie Komposit, Kompomer, Glas-Ionomer, etc. – ebenso wie die Prothesenkunststoffe (für Teil- und Vollersatz) bestehen aus hochkomplexen chemischen Verbindungen, die je nach Verwendungszweck mit entsprechenden Füllstoffen versetzt sind. Aussagen, wie „plastische Keramik“, die auf Komposite angewendet wurden, sind Unsinn und sollten rasch vergessen werden. Keramik ist eine ganz andere Stoffklasse (siehe oben) und kann nicht bei Raumtemperatur verarbeitet werden.
Während Metalle zur Formgebung geschmolzen werden und Keramiken gesintert (auch dies im Prinzip ein Schmelzvorgang) geschieht die Formgebung bei den Polymeren bei Raumtemperatur bzw. bei Thermoplasten durch geringfügige Erwärmung durch plastische Verformung (daher der Ausdruck „Plastik“). Die Stabilisierung der Form geschieht durch eine Vernetzung der den Polymeren zugrundeliegenden langen Kohlenwasserstoffketten, die typischerweise durch spezifische Seitenketten wesentlich in ihren Eigenschaften bestimmt werden. Reine Kettenmoleküle sind nicht sehr Formstabil, da diese sich gegeneinander leicht verschieben können.
Ein Großteil der heute in der Zahnheilkunde eingesetzten Polymerwerkstoffe sind keine Autopolymerisate mehr sondern werden durch Licht spezifischer Wellenlänge über zugesetzte Katalysatoren zur Vernetzungsreaktion angeregt. Daneben gibt es die Heißpolymerisate, bei denen die Reaktion durch Temperaturerhöhung ausgelöst wird.
Allen Polymerwerkstoffen eigen ist die Tatsache dass die Polymerisation nie zu 100 Prozent stattfinden kann, der Vernetzungsgrad ist durch eine parabolische Funktion bestimmt. Deshalb ist das Bestreben des Zahntechnikers darauf gerichtet, die Polymerisationsbedingungen so zu gestalten, dass möglichst wenig Monomeres übrig bleibt. Dies ist jedoch vom Zahnarzt am Ergebnis nicht beurteilbar.
Um eine Vorstellung von den Mengen an Restmonomer zu erhalten sollen hier die gefunden Konzentrationen o.a. Arbeit zitiert werden: es wurden von 0,63 Prozent bis 2,92 Prozent an Monomer in den nach Herstellerangaben polymerisierten Proben gefunden. 2,92 Prozent, das sind 3 x 10 hoch minus 2, also etwa eine Million mal mehr als man bei Metall an Eluat findet. Deutlich geringere Mengen können gar nicht analysiert werden, wie oben dargestellt, dazu sind die Analysemethoden ungeeignet und nicht in der Lage.
Die Auswirkungen der Abgabe von Eluat in den Organismus sind derzeit völlig unbekannt – ab und zu erscheint eine Publikation dazu, wobei hier das gleiche Problem besteht wie bei Metall-Ionen: die Umwelt mit täglichem Kontakt mit solchen Stoffen (wir sind von Kunststoffprodukten förmlich umzingelt , dazu kommen Additive in Lebensmitteln, in der Kleidung, in Waschmitteln, kurz, es ist keine Differenzierung der Einflüsse von Belastungen aus dem Alltagsleben und der aus dentale Werkstoffen möglich) dürfte jede spezifische Studie überlagern. Trotzdem sollte stets bedacht werden, dass wir die Auswirkungen einfach nicht kennen, wir kennen nicht einmal die mengenmäßige Belastung, weshalb nach Möglichkeit Kunststoffe (Polymere) vermieden werden sollten, falls andere, weniger potenziell gefährliche Werkstoffe, zur Verfügung stehen.
Weiterhin gilt es zu bedenken, dass Polymerwerkstoffe relativ schlechte mechanische Eigenschaften hinsichtlich Zug- und Druckbelastbarkeit sowie e-Modul aufweisen, sie sind deutlich weniger resistent gegen Verfärbungen, sie sind weniger abrasionsfest, und nicht zuletzt unterliegen sie einer massiven Alterung mit dem Ergebnis der Versprödung und damit verbunden dann großflächigen Zerstörung durch Abplatzungen.
Problematisch ist auch die stets mit einer Polymerisation verbundene Schrumpfung, die naturgemäß zu Passungenauigkeiten bis hin zu Randspalten führt.
Dafür sind Polymerwerkstoffe vergleichsweise billig, sie sind einfach zu verarbeiten, womit sie in der Sozialmedizin durchaus ihre Berechtigung haben.
Fazit.
Für jedes Material bzw. jede Materialklasse gibt es ein für und wider zu beachten, und abhängig von individuellen Gegebenheiten muss der Zahnarzt entscheiden, welches Material er für den jeweiligen Patientenfall für geeignet hält. Es gibt nicht „das“ Material, die Auswahl muss sorgfältig auf Grund der Anforderungen getroffen werden. Um dem gerecht werden zu können, müssen fundierte Kenntnisse nicht nur im Dental Labor, sondern ganz besonders beim Zahnarzt vorhanden sein.
[1] (3) Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse
gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist jede von der
Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der
Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen.
[2] Abs. 5 regelt die Delegierbarkeit von Leistungen, präzisiert durch den Erlass der BZÄK vom 16. September 2009: Die persönlichen Leistungen des Zahnarztes umfassen insbesondere
• Untersuchung des Patienten
• Diagnosestellung und Aufklärung
• Therapieplanung
• Entscheidung über sämtliche Behandlungsmaßnahmen
• invasive diagnostische und therapeutische Eingriffe
• Injektionen
• sämtliche operativen Eingriffe
Rechtsgrundlagen zur persönlichen Leistungserbringung und Delegation:
– Zahnheilkundegesetz (§ 1 Abs. 1, 3, 5 und 6)
– Heilberufsgesetze (länderspezifisch)
– Berufsordnungen der Zahnärztekammern
– Bürgerliches Gesetzbuch (§ 613 Satz 1)
– Sozialgesetzbuch V (§§ 15, 28 Abs. 1)
– Privates Gebührenrecht (§ 4 Abs. 2GOZ)
– Vertragszahnärztliches Gebührenrecht (Bema)
– Zulassungsverordnung (§ 32 Abs. 1)
– Bundesmantelvertrag Zahnärzte (§ 4 Abs. 1)
– Röntgenverordnung
Wird in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Patient und Zahnarzt festgestellt, dass der eingegliederte Zahnersatz mangelhaft war, so kann der Zahnarzt das Fremdlabor haftbar machen, sofern der Mangel aus einem zahntechnischen Fehler resultiert und die nunmehr zweijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Ist die Verjährungsfrist bereits abgelaufen, kann sich der Zahntechniker darauf berufen und den Anspruch des Zahnarztes auf Rückzahlung des Entgelts für den Zahnersatz zurückweisen. Es kann daher durchaus zu der Situation kommen, dass der Patient innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgreich seinen Eigenanteil vom Zahnarzt zurückfordert, dieser jedoch auf Grund des Ablaufs der zweijährigen Verjährungsfrist seinen Anspruch auf Rückzahlung des Entgelts für den Zahnersatz gegenüber dem Zahntechniker nicht mehr geltend machen kann.
Für den Vertrag zwischen Zahnarzt und Fremdlabor gelten kürzere Verjährungsfristen (6 Monate für Verträge, die bis zum 31. Dezember 2001 abgeschlossen wurden, bzw. 2 Jahre für nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossene Verträge). Die Verjährungsfrist beginnt bei einer prothetischen Behandlung mit der Eingliederung des Zahnersatzes durch den Zahnarzt (= Abnahmezeitpunkt).
[4] Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (Zahnheilkundegesetz, ZHG)
Regelt seit 1952 die Rahmenbedingungen zur Zulassung zum zahnärztlichen Beruf. Beseitigte damals die Kurierfreiheit (Laientätigkeit) auf dem Gebiet der Zahnheilkunde, indem es die akademische Ausbildung als Voraussetzung für zahnärztliche Behandlungen festlegte. Der Berufsstand der Dentisten wurde mit dem der Zahnärzte vereinigt. Für Zahntechniker gilt das Gesetz nicht: Sie üben ein Handwerk und keine heilkundliche Tätigkeit aus.