Studie zum Linksextremismus
Gegen eine offene Gesellschaft –
gegen „rechts“ zu sein ist Pflicht, man ist „links“
Linksradikale und linksextreme Einstellungsmuster sind in Deutschland weit verbreitet.
MONIKA DEUTZ-SCHROEDER UND KLAUS SCHROEDER
Monika Deutz-Schroeder ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin, den Professor Dr. Klaus Schroeder leitet. Klaus Schroeder/Monika Deutz-Schroeder: Gegen Staat und Kapital – für die Revolution! Linksextremismus in Deutschland – eine empirische Studie. Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M.
Seit der Wiedervereinigung sind sehr viele Publikationen zum Thema „Rechtsextremismus“ erschienen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem „Linksextremismus“ ist kaum zu finden. Dafür gib es Gründe. Nicht wenige Wissenschaftler – insbesondere linker Ausrichtung – lehnen nicht nur den Extremismusbegriff an sich ab, sondern bezweifeln sogar, dass es überhaupt „Linksextremismus“ gäbe. Eine Vielzahl scheut vor diesem Themenfeld zurück, weil Linksextremisten ihre „Widersacher“ beschimpfen und mitunter auch bedrohen. Thilo Sarrazin hat dies auch beobachtet: die Menschen in diesem Land haben Angst, ihre ehrliche Gesinnung zu offenbaren, weil sie damit sofort in die rechte Ecke gestellt werden und dies wegen des schlechten Rufs „der Rechten“ unbedingt vermeiden wollen. „Rechts“ ist ein Totschlagargument, gegen das man sich offensichtlich nicht wehren kann, mit dem Adjektiv „rechts“ werden Existenzen vernichtet.
Ein anderer Grund ist die starke mediale Beachtung des rechten und des islamistischen Extremismus. Linksextreme Aktivitäten bleiben eher im Hintergrund. Journalisten sind, dies zeigen andere Studien, meist selbst der linken Szene zugehörig, zumindest stehen sie in ihrer politischen Einstellung links der Mehrheitsmeinung.
Ganz bedenklich ist, dass – anders als auf der rechten Seite des politischen Spektrums – Trennlinien zwischen extremer und radikaler, aber demokratischer Linker, eigentlich gar nicht existieren. Im Ergebnis stehen Linksextremisten unter dem Schutzschirm des gesamten linken Milieus, wie es auch bei radikalen Islamisten beobachtet werden kann: die muslimische Gemeinde distanziert sich nicht entschlossen von radikalen Moslems.
Extremismus lässt sich nur relativ zur jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Ordnung definieren, dies zeigt die Geschichte. Freiheitliche Demokraten galten z.B. aus der Perspektive des Machtzentrums im Nationalsozialismus, aber auch in der sozialistischen DDR, als feindlich-negative Kräfte, als staatsfeindliche Extremisten.
Das Extremismusmodell der Autoren geht insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrung mit zwei totalitären Systemen in der jüngeren deutschen Geschichte davon aus, dass es sowohl auf der linken als auch der rechten politisch-ideologischen Seite extreme Kräfte gibt, die das Grundgesetz und die diesem zugrundeliegende Werteordnung ablehnen. Gefördert wird die Ablehnung insbesondere durch die Linke durch Webfehler der unter dem Eindruck der totalen Niederlage des deutschen Reichs und der Erkenntnis der Verursacher, der Nationalsozialisten konzipierten Verfassung, die zahlreiche linke Elemente enthält. Hierbei wurde offensichtlich übersehen, dass die Nationalsozialisten eine Kombination aus Rechten und Linken darstellten, was an zahllosen Beispielen belegt werden kann, jedoch leider von der Linken vehement geleugnet wird. Genaugenommen ist das deutsche Grundgesetz eine Kompromisslösung, in die nicht wenige linke Elemente eingebaut wurden. Herausragendes Beispiel ist die Relativierung des Eigentumsrechts, die es so in freiheitlichen Verfassungen nicht gibt (Sozialverpflichtung des Eigentums). Diese Einbindung linker Ideen und daraus resultierende teilweise Widersprüchlichkeit im Grundgesetz wird unter Verfassungsrechtlern durchaus diskutiert, jedoch nie in der Öffentlichkeit, da sofort Angriffe aus dem linken politischen Spektrum die Folge wären.
Die wertneutrale Darstellung des Extremismus-Modell hat nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine politische Dimension. Kritiker sehen darin eine unzulässige Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus. Der Totalitarismustheorie, die Basis für das Extremismusmodell ist, unterstellen die Linken eine Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Kommunismus, was zu einer Leugnung der Einzigartigkeit nationalsozialistischer Verbrechen führe. Real jedoch geht es der modernen Totalitarismuskonzeption und dem Extremismusmodell um den Vergleich von Strukturmerkmalen totalitärer Ideologien und Herrschaftsformen und nicht um eine ideologische Gleichsetzung beziehungsweise Bewertung. Aktuell ist es wohl auch unverzichtbar religiösen Extremismus einzubeziehen – ohne eine wertneutrale Betrachtung extremistischer Strömungen und damit verbundene Analyse kann es kaum gelingen, Extremismus wirksam zu bekämpfen.
Extremistisch sind in einem neutralen Extremismusmodell, das am Grundgesetz orientiert ist, die Teile eines politischen Spektrums, von denen Gefährdungen der politischen Ordnung zu befürchten sind – unabhängig davon, ob von „linken“ oder „rechten“ und aktuell „religiösen“ Positionen, Inhalten und politischen Zielen aus.
Alle radikalen Konzeptionen vertreten dogmatische Positionen, denen vermeintlich objektiv erkennbare Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen sollen. Extremistische Ideologien erheben Anspruch auf totale Welterklärung. Sie lehnen eine Pluralität der Interessen, ein Mehrparteiensystem und ein Oppositionsrecht ab und denken ausschließlich in Freund-Feind-Kategorien. Alle Extremismen verbindet die Ablehnung liberaler Werte und Lebensstile, alle haben ein taktisches Verhältnis zum demokratischen Verfassungsstaat, dessen Schutz „anderer Meinungen“ zur Zerstörung desselben genutzt wird.
Der von den Autoren favorisierte dynamische Extremismusbegriff bedeutet allerdings auch eine kategoriale Ablehnung eines statischen Begriffs von „Mitte“. „Links“, „Rechts“ und „Mitte“ sind demgemäß keine absoluten, sondern nur relative Begriffe. Als extremistisch gilt, wer von der anthropologischen Ungleichheit ausgeht (Rechtsextremismus), den Vorrang des Individuums im demokratischen Pluralismus zugunsten einer kollektiven Homogenitätsvorstellung ablehnt (Linksextremismus) oder wer seine persönliche Religion als Vehikel der Unterdrückung und Eliminierung Andersgläubiger nutzt.
Die Autoren stützen sich jedoch aus der Perspektive einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft auf eine „positive Ungleichheit“ – der Singularität des Einzelnen – , die sich von dem (linken) Gleichheitsgedanken, aber auch von der (rechten) anthropologisch gesetzten Ungleichheit unterscheidet.
Antipluralistische und antiparlamentarische Argumentationen und Auffassungen sowie ein strategisches und taktisches Verhältnis zu (politisch motivierter) Gewalt haben sich über Jahrzehnte zu Grundpfeilern linksradikalen/linksextremen Selbstverständnisses entwickelt.
In den sechziger Jahren wollte die APO (Außerparlamentarische Opposition) mit Hilfe einer „Provokationsstrategie“ die strukturelle Gewalt des „kapitalistischen Systems“ offenlegen und brechen, um das politische System zu zwingen, die „Maske der repressiven Toleranz“ fallen zu lassen. „Gute“ Gewalt war „progressive“, „revolutionäre“, „befreiende“, „verteidigende“ Gewalt; die vom Staat ausgehende Gewalt galt hingegen als „reaktionär“, „unterdrückend“ und „aggressiv“.
Heutige linksextreme Gruppen sparen sich die Mühe einer „Provokationsstrategie“. Sie rechtfertigen ihren Kampf gegen die bestehende wirtschaftliche und politische Ordnung mit dem pauschalen Verweis auf gesellschaftliche Unterdrückungsverhältnisse.
Marxistische Erklärungen angeblich repressiver Zwänge, denen nur mit (Gegen-)Gewalt begegnet werden könne, wurden als Rechtfertigung genutzt.
Mit verstecktem Antisemitismus und offenem Antizionismus verbunden, rechtfertigen linke Gruppen ihre Aggression gegen Bürger und Staat.
Die Zahl politisch „links“ motivierter Gewalttaten steigt seit Anfang des neuen Jahrtausends im Trend deutlich an, und zwar von knapp 1200 (2001) auf knapp 1700 (2013). Im Jahr 2014 dürfte die Zahl weiter angestiegen sein. Besonders auffällig sind von „linken“ Personen verübte Körperverletzungen. In der öffentlichen Wahrnehmung werden diese Gewalttaten quantitativ unterschätzt, da der Verfassungsschutz zwischen „links“ und „linksextrem“ motivierten Straf- und Gewalttaten unterscheidet und die nur „links“ motivierten Taten in der detaillierten Betrachtung nicht beachtet.
Nach Angaben des Bundeskriminalamt BKA verübten in den vergangenen Jahren als nichtextrem eingeschätzte „linke“ Personen etwa 30 bis 40 Prozent der Gewalttaten. Für 2013 stuften die Behörden intern 549 Gewaltdelikte als „politisch links“, aber nicht extremistisch ein, darunter ein Tötungsdelikt, 50 Brand- und Sprengstoffdelikte sowie 271 Körperverletzungen. Welchen Organisationen die Gewalttäter angehören, ist öffentlich nicht bekannt.
Es stellt sich die Frage, ob eine Differenzierung zwischen „links“ und „linksextremistisch“ sinnvoll sein kann. Bei rechts motivierten Gewalttaten stellt sich das Problem nicht, da nahezu alle Gewalttaten als rechtsextremistisch eingestuft werden. Neu kommt nun hinzu die steigende Zahl religiös motivierter Gewalt, die in den Schulen zum Teil bereits seit Jahrzehnten gegeben ist und sich immer mehr auch bei Jugendlichen und Erwachsenen manifestiert. Öffentlich wahrgenommen werden jedoch nur große Attentate, nicht die täglich stattfindende Gewalt.
Zugenommen hat in den letzten Jahren die Konfrontationsgewalt zwischen Linksextremisten und Rechtsextremisten, wobei nach Angaben der Sicherheitsbehörden die Gewalt zumeist von Linksextremisten ausging. Gegen unliebsame Personen – nicht nur gegen Rechtsextremisten – rufen Linksextreme in Internetforen und auf Flugblättern zur Ausgrenzung und zu Gewalthandlungen auf. Personen, die ihnen als „Feinde“ gelten, werden mit Hassparolen bedacht und bedroht. Im Fokus stehen dabei Polizisten, (tatsächliche oder vermeintliche) Rechtsextremisten oder Neonazis, Burschenschafter, Mitglieder und Sympathisanten der AfD, aber auch Vertreter etablierter bürgerlicher Parteien, insbesondere der SPD und der Grünen, die bei Kampagnen und Aktionen linksextremen Forderungen nicht nachkommen. Die Bedrohungen und Gewalttaten reichen von Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen, über Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Angriffen. Aktuelles Beispiel sind die Aktionen der „Antifa“ gegen als rechts bezeichnete „Pegida“ Anhänger, wobei Videodokumente recht eindeutig nachweisen, dass Gewalt von Linken ausgeht.
Nahezu alle Linksextremisten halten einen gewaltlosen Systemwechsel zu einer „besseren Gesellschaft“ für unmöglich, da die Herrschenden ihre Macht nicht freiwillig abzugeben bereit wären. Gewalt ist für sie identitätsstiftend und mitunter berauschend – eine Gemeinsamkeit, die sie mit gewaltbereiten jugendlichen Rechtsextremisten und Hooligans teilen.
Wie bei gewaltbereiten Rechtsextremisten stellt sich auch bei Linksextremisten die Frage, ob sie nicht schon vor ihrer Politisierung durch aggressives und gewalttätiges Verhalten auffielen. Eine antizivile Komponente ist wohl zweifellos bei vielen von ihnen vorhanden. In welche Szene aggressive und gewaltbereite Jugendliche rutschen, hängt häufig von dem persönlichen Umfeld und von Zufällen ab.
Die Begründungen für linksextreme Gewalt wirken wie nachgeschobene Argumente für ausgelebte Aggressivität. Linksextremisten wähnen sich als Teil einer weltweiten Aufstandsbewegung, die einen historisch gerechtfertigten Kampf für bessere Verhältnisse führt. Das linksextreme Milieu mit den unterschiedlichen Strömungen von dogmatischen Marxisten/Leninisten, Trotzkisten bis hin zu anarchistischen und (post)autonomen Gruppen, die eine „Politik in erster Person“ propagieren, steht in der Tradition der kommunistischen Bewegung. Eine undemokratische Grundhaltung liegt allen zugrunde.
Über alle Flügel hinweg streben Linksextremisten nach Überwindung des bestehenden Systems und der Schaffung einer „neuen Gesellschaft“, ohne diese Vision näher erklären zu können. Wohin die Utopie bisher führte, der sie anhängen, klammern sie weitgehend aus. Das revolutionäre Selbstbild duldet keine Beschädigungen durch historische Realitäten.
Autonome und Antifa-Gruppen sprechen eher junge Menschen an, die etwas erleben wollen und dies mit dem Kampf für eine „gute Sache“ verbinden. Orthodoxe kommunistische Gruppen ziehen Personen an, die sich an „Gewissheiten“ klammern oder eine „Ersatzfamilie“ suchen. Gruppen, die beides versprechen, zielen insbesondere auf junge Studenten und Schüler, die aus idealistischen Gründen die Welt verändern wollen.
In jüngster Zeit lässt sich ein gewisser Konzentrationsprozess auf der postautonomen/undogmatischen Seite der politischen Linken beobachten. Kleinere Gruppen gehen in größeren auf, die bundesweit agieren. Radikale und extreme Linke versuchen gleichermaßen, über populäre Kampagnen, zum Beispiel gegen Rechtsextremismus, Globalisierung oder gegen die Asylpolitik, ihren Sympathisantenkreis und ihren Einfluss auf die öffentliche Meinung zu vergrößern. Wer ihre Forderungen nicht teilt, wird als Reaktionär, Rassist oder gar Faschist tituliert.
Linksextreme Einstellungen beschränken sich aber nicht auf die linke organisierte Szene, sondern haben längst Eingang in die Mehrheitsgesellschaft gefunden. In einem mehrjährigen Forschungsprojekt haben die Autoren eine Linksextremismusskala mit sechs Dimensionen entwickelt: Antikapitalismus, Antifaschismus, Antirassismus, Demokratiefeindlichkeit, kommunismusnahes Geschichtsbild/Ideologie und Antirepression. Die zentralen Ergebnisse der von Infratest dimap durchgeführten Befragung der bundesrepublikanischen Bevölkerung zeigen:
– 13 Prozent der insgesamt 1362 Befragten können sich prinzipiell vorstellen, bei einer Bundestagswahl eine Partei links der Partei „Die Linke“ zu wählen. Unter den 16- bis 29-jährigen sind es 18 Prozent. Die Mehrzahl der Befragten sieht sich selbst zwar in der politischen Mitte, eine beachtliche Minderheit aber Mitte-links, fünf Prozent weit links.
– Mehr als vier von zehn Befragten, im Osten sogar mehr als jeder Zweite, äußern sich mehr oder weniger unzufrieden mit der in Deutschland praktizierten Demokratie. Eine breite absolute Mehrheit hält die praktizierte Demokratie nicht für eine echte Demokratie, weil der Einfluss der Wirtschaft zu groß sei; eine Minderheit von knapp 30 Prozent glaubt sogar, eine wirkliche Demokratie sei nur ohne Kapitalismus möglich. Dieser Behauptung stimmt mehr als die Hälfte der Befragten zu, die als Linksextremisten eingestuft werden.
– Knapp ein Fünftel der Westdeutschen und knapp ein Viertel der Ostdeutschen plädieren für eine Revolution zur Verbesserung der Lebensbedingungen, da man diese nicht mit Reformen erreichen könne. Die geringste Zustimmung kommt von potentiellen Wählern der Grünen und der Unionsparteien, die höchste mit mehr als 60 Prozent von Linksextremisten. Überdurchschnittlich revolutionsaffin sind auch Personen, die sich selbst als äußerst rechts einstufen.
– Knapp die Hälfte der Befragten unterstützt die Behauptung, Kritiker der Demokratie würden schnell als Extremisten abgestempelt – überdurchschnittlich stark tun dies Sympathisanten der Linken und der AfD. Ähnlich hoch fällt die Zustimmung zur Behauptung aus, die Überwachung linker Systemkritiker durch Staat und Polizei nehme zu. Ein Drittel der Westdeutschen und die Hälfte der Ostdeutschen attestieren der Polizei, auf dem rechten Auge blind zu sein. Ein Viertel der Westdeutschen und ein Drittel der Ostdeutschen äußern die Befürchtung, die zunehmende Überwachung durch den Staat könne zu einer Diktatur führen. Während insbesondere Linke aller Schattierungen sehr sensibel auf tatsächliche oder vermeintliche Einschränkungen von Bürgerrechten reagieren, haben sie nichts dagegen, wenn politische Grundrechte für Rechtsextremisten begrenzt würden. Das befürworten insgesamt 37 Prozent – 54 Prozent der potentiellen Wähler der Linken und 57 Prozent der Linksextremisten.
– Weit verbreitet ist die Kritik an der Sozialen Marktwirtschaft. Viele, nicht nur Linksradikale und Linksextremisten, bezeichnen sie als neoliberalen Kapitalismus. Ein Drittel der Befragten – vorwiegend Jüngere und Personen aus dem linken politischen Spektrum – behauptet, der Kapitalismus gehe zwangsläufig mit Armut und Hunger einher. Die Zustimmung zu der These, Kapitalismus führe zwangsläufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen, liegt mit 37 Prozent noch etwas höher.
– Die Auffassung, Kapitalismus führe letztlich zum Faschismus, teilen insgesamt 16 Prozent der Bevölkerung, vor allem Arbeitslose und Sympathisanten der Linken. Knapp ein Fünftel – insbesondere Ostdeutsche und Arbeitslose, – sieht sogar die Gefahr eines „Faschismus“ in Deutschland.
– Eine nennenswerte Minderheit im Westen und eine absolute Mehrheit im Osten halten den Sozialismus/Kommunismus für eine gute Idee, die bisher nur schlecht verwirklicht wurde. Gleichwohl glaubt lediglich eine Minderheit von 13 Prozent, nur im Sozialismus/Kommunismus sei ein menschenwürdiges Leben möglich. Die Zustimmung liegt jedoch bei den jüngsten Befragten fast dreimal so hoch.
Im Ergebnis weisen vier Prozent der Befragten ein nahezu geschlossenes linksextremes Weltbild auf; weitere 13 Prozent stimmen einzelnen Aspekten linksextremen Denkens überwiegend zu. Das linksextreme Personenpotential liegt insofern bei 17 Prozent – im Westen bei 14 und im Osten bei 28 Prozent.
Linksextreme Einstellungen finden also eine breite Zustimmung in der Bevölkerung. Die höchste Zustimmung erhalten die Behauptungen „Unsere Demokratie ist keine echte Demokratie, da die Wirtschaft und nicht die Wähler das Sagen haben“ (61 Prozent), „Eine tief verwurzelte Ausländerfeindlichkeit lässt sich bei uns überall im Alltag beobachten“ (48 Prozent), „In unserer Demokratie werden Kritiker schnell als Extremisten abgestempelt“ (45 Prozent) sowie „Die soziale Gleichheit aller Menschen ist wichtiger als die Freiheit des Einzelnen“ (42 Prozent).
Dass eine sehr breite Mehrheit der Linksextremisten das staatliche Gewaltmonopol ablehnt, überrascht nicht, jedoch dass nur knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung für seine Beibehaltung plädiert, macht nachdenklich.
Die Befragten, die als linksextrem eingeordnet wurden, unterscheiden sich von den anderen Befragten in ihrem Antwortverhalten insbesondere bei den Dimensionen, die die Trennlinien zwischen Radikalismus und Extremismus ausmachen. Sie sagen mit breiter Mehrheit (gegenüber 29 Prozent der Befragten insgesamt), eine wirkliche Demokratie sei nur ohne Kapitalismus möglich, und unterstützen ebenso mehrheitlich die Forderung nach einer Revolution zur Verbesserung der Lebensbedingungen (gegenüber 20 Prozent insgesamt). Zudem sehen sie Deutschland aufgrund zunehmender Überwachung auf dem Weg in eine Diktatur (insgesamt: 27 Prozent). Eine sehr breite Mehrheit der Linksextremen bejaht die Behauptung, Kapitalismus führe letztlich zu Faschismus, und sieht die Gefahr eines neuen Faschismus in Deutschland (insgesamt: 16 Prozent beziehungsweise 18 Prozent). Die Ausländerpolitik halten sie mehrheitlich für rassistisch (insgesamt: neun Prozent), und nahezu alle beobachten eine tief verwurzelte Ausländerfeindlichkeit überall im Alltag (insgesamt: 48 Prozent).
Linksextreme Gruppen und Personen propagieren offen ihr Ziel, die bürgerliche Gesellschaft und den bürgerlichen Staat zerschlagen und an seiner Stelle eine neue, anarchistische oder kommunistische Gesellschaftsordnung errichten zu wollen. Sie sind nicht nur antikapitalistisch, sondern auch demokratiefeindlich eingestellt.
Die notwendige Bekämpfung rechtsextremistisch und islamistisch motivierter Gewalt darf den Blick auf linke und linksextremistische Gewalt nicht verstellen. Eine Aufrechnung verbietet sich, denn allen drei Extremismen ist Gewaltverherrlichung und Demokratiefeindlichkeit immanent, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Zielen.
Bedenklich ist aber, dass linke Überzeugungen in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Das gesamte politische Spektrum ist deutlich nach links gerückt, damit wird linksextreme Gesinnung leichter toleriert….