Gesundheitswesen in Deutschland
Besser man wird nicht krank
Eine aktuelle persönliche Erfahrung verstört; nach einem Unfall mit erlittenem Schädel-Hirn-Trauma wurde der Verletzte (eigene Person) vorbildlich vor Ort versorgt. Zufällig anwesende Ärzte und Passanten leisteten Hilfe und warteten bis zum Eintreffen der Rettungssanitäter.
Aber dann: die Retter waren sich nicht sicher, wohin der Verletzte gebracht werden könnte. Sie berichteten von wahren Odysseen, weil angefahrene Kliniken die Aufnahme verweigerten, Begründung keine Kapazitäten frei. Und das in einer der größten deutschen Städte (München) mit zentraler Leitstelle.
Dann wurde die Klinik der LMU München angefahren. Denkt man, super. Aber: es wurde kein Übergabeprotokoll gefertigt, d.h., die Ärzte der Notaufnahme begannen erneut mit der Diagnostik. Sie hatten keinerlei Kenntnis vom Unfallgeschehen und suchten nach Frakturen an den Extremitäten.
Schlimme Fehlleistung.
Der Verunfallte war längere Zeit ohne Bewusstsein, eine anamnestische Befragung war nicht möglich. Gut, ein Halswirbelschutz wurde angelegt bis zur Abklärung einer Wirbelfraktur. Stammte noch von den Rettungskräften. Jedoch – die Kopfwunde, die mit Druckverband versorgt war (wegen der massiven Blutung), die wurde erst mal nicht versorgt. Erst als alle röntgenologischen Befunde – sicherer Ausschluss etwaiger Frakturen – vorlagen, kümmerte sich ein Arzt, dies nach 5 Stunden, um die Kopfwunde. Das Pflegepersonal war völlig uninformiert, man erwartete, dass der Verletzte selbst von der Trage auf einen Behandlungstisch wechselte. Hier wurde auf Personalnotstand verwiesen, man könne das nicht. Angehörige und zufällig anwesende Personen führten das dann aus. Wie im Dritte-Welt-Land.
Zwischenzeitliches Erbrechen, Schwindel, alles typische Anzeichen einer Contusio Cerebri, lösten keinerlei größere Aktivitäten aus. Und nach 5 (!) Stunden erfolgte dann endlich eine Versorgung der Kopfwunde. Die Wundränder waren in der Zwischenzeit nicht mehr adaptierbar, es wurde eine Naht über das große Blutkoagel gelegt. Wegen der langen Dauer hatte sich auch ein riesiges Hämatom ausgebreitet, was nebst Schrumpfung des Epithels eben den primären Wundverschluss verunmöglichte.
Die zwischenzeitlich immer wieder auftretende Bewusstlosigkeit hätte eigentlich beachtet werden müssen – Negativanzeige. Es wurde auch nicht eine kontinuierliche Kontrolle der Vitalfunktionen angeordnet oder vorgenommen, der Verletzte wurde schlicht im Gang gelagert. Andere, leichtere Fälle mit laut wehklagenden Patienten wurden vorgezogen.
Rascher als Arzt oder Pfleger wurden jedoch die Bürokraten aktiv: ein Stapel an Formularen wurde zur Unterzeichnung vorgelegt, die meisten davon regelten die Bezahlung und einige sind in der Datenschutzgrundverordnung begründet gewesen. Also – bei einem Schädelverletzten anzunehmen, er könne hier klare Entscheidungen treffen, ist schon arg mutig.
Ganz anders im angeblich unsozialen Gesundheitswesen USA. Da war auch mal ein Kliniksaufenthalt mit Einlieferung durch den Notarzt nötig. Erst bei dem Entlassungsgespräch (!) wurde über Geld geredet, und anders als in unseren gleichgeschalteten Medien hierzulande behauptet, war nie eine Zahlung unmittelbar fällig. Bei Entlassung wurde nach einer Versicherung gefragt und nach der Heimatadresse. Nicht einmal nach einem Ausweis wurde gefragt. Die Rechnung kam dann Monate (!) später per Post. Es wurde auch vorher nie verlangt, irgendwelche Zahlungsverpflichtungen zu unterzeichnen. Und hätte die Adressangabe nicht gestimmt, dann wären nie Zahlungsverpflichtungen aufgelaufen.
Nun ist dies kein „Einzelfall“, wie gerne angenommen würde. Eigene Recherchen haben nämlich ergeben, dass, anders als hierzulande behauptet, Niemand in USA auf der Straße krank wird und unversorgt bleibt. Im Gegenteil. Das USA-weite Programm „Medicare“ leistet in jedem Fall, je nach Bundesstaat unterschiedlich viel, jedoch immer deutlich mehr (!) als die deutsche AOK. Und für Rentner tritt das Programm „Medicaid“ ein, das den Pensionierten geringe Arztkosten beschert, da werden 50 % und mehr übernommen.
Daher rührt auch der Widerstand gegen „Obamacare“. Wozu so etwas, fragt der Amerikaner, wenn es doch Medicaid und Medicare gibt? Damit die Staatskassen entlastet werden?!
Die Qualität deutscher Journalisten scheint sich darauf zu reduzieren, hauptsächlich linke Gesichtspunkte mit dem „Erbfeind“ Kapitalisten und USA zu beachten und abzuschreiben. Andere vielleicht widersprechende Anschauungen lösen regelmäßig einen Sturm der Entrüstung aus, das mag man vermeiden.
Nachdem die Kliniksbürokratie eruiert hatte, dass man einen „Privat“Patienten in die Fänge bekam, wurde sofort noch ein Vertrag für Chefarztbehandlung verlangt. Und, es wurde eine stationäre Aufnahme verfügt. Komisch, da war dann gleich ein Bett frei.
Die Pflege war „nett“, aber: die langen Gänge in unseren Kliniken sind kontraproduktiv – in USA war der Pflegestützpunkt mittig zentral, die Patienten lagen kreisförmig darum herum. Da war ein Eingreifen innerhalb kürzester Zeit möglich. In der Uni-Klinik wurde nicht einmal eine Überwachung der Vitalfunktionen angeschlossen, dabei sollte ja jedem Arzt bekannt sein, dass epidurale Hämatome zeitlich versetzt auftreten können. Bei Schädel-Hirn-Trauma wäre die Überwachung unverzichtbar. Anscheinend hat da niemand gewusst, um welche Art von Unfall es sich handelte.
Eine Selbstentlassung – auf solch minderwertige Behandlung muss man keine Lust haben – hatte dann zur Folge, dass kein Nachbehandlungstermin vergeben wurde, der Arztbericht ist äußerst lückenhaft. Von der Schädelverletzung kein Wort. Scheint also auch keinen Eingang in die Krankenakte gefunden zu haben.
Eine Wiedervorstellung aus eigenem Antrieb war ebenfalls aufschlussreich. Nach ewiger Wartezeit wurde geschnauzt, man solle gefälligst zum Hausarzt gehen. Die Information, man habe keinen Hausarzt, wurde beantwortet: “dann wird es aber Zeit sich einen zu suchen“. Immerhin hat sich dann ein Arzt irgendwann herabgelassen, die Kopfwunde anzuschauen. Das Ergebnis: man möge es ja nicht wagen nochmals zu kommen, das sei alles Sache des Hausarztes. Auf die erneute Angabe, man habe keinen Hausarzt, wurde geantwortet, es sei doch sowieso erforderlich, eine Einweisung durch den Hausarzt vornehmen zu lassen. Erst ein weiterer Blick in die Krankenakte ergab dann die mürrische Aussage, „ach so, ja gut, aber, es soll trotzdem der Hausarzt machen“.
Fazit: der Weg in die sozialistische Medizin ist vorgegeben, das haben die jungen Ärzte alle schon im Blut. Und, es scheint so, dass man als Privatpatient inzwischen schlechter behandelt wird als ein Patient von der AOK.
Auch hier handelt es sich nicht um einen Einzelfall. In der Funktion als verantwortlicher Redakteur einer medizinischen Fachzeitschrift führte der Autor längere Zeit Autoren aus der DDR. Der wissenschaftliche Gehalt der Arbeiten war hervorragend, jedoch wurde stets im Kontext einer sehr guten sozialistischen Gesundheitsversorgung gesprochen, wie das heute z.B. auch in Kuba so ist. Interessant nur, dass unmittelbar nach der „Wende“ die Autoren unisono per „Brandbrief“ darum baten, man möge doch von einer Publikation der eingesandten Arbeiten absehen, eine aktualisierte Version sei unterwegs. Und da kehrte plötzlich Ehrlichkeit ein.
Heute wird ja gerne „im Land in dem wir gut und gerne leben“ schwadroniert, wie gut doch die gesundheitliche Betreuung bei uns sei. Und wie schlimm doch die armen Amerikaner dran wären. Interessant wäre, schon heute zu erfahren, wie diese Wendehälse sich herausreden, wenn das System der Jubler um die DDR Frau Merkel einmal zusammenbricht.
Es ist jedenfalls sehr unbefriedigend, wenn man als „Privatpatient“ mit hohen Beiträgen das Gesundheitswesen finanziert und dann im Notfall hinter dem – nicht selten – kostenfrei Versicherten einer KKV zurücktreten muss. Um es klar zu sagen: der Status als „Privatpatient“ wurde bewusst gewählt, um eine „bessere Behandlung“ zu erhalten, nicht um sich einer Solidarkasse zu entziehen.
Da scheint es wirklich besser, wenn die Zweiteilung aufgehoben wird…