Europerio 8
Die aktuell weltweit größte Spezialtagung zum Thema Parodontologie konnte einen neuen Besucherrekord verzeichnen: 9400 Teilnehmer hatten gemeldet, ein deutlichen Anstieg gegenüber der auch schon sehr gut besuchten Europerio 7 in Wien (7912 Teilnehmer).
Die Tagung in London war perfekt organisiert, auch wenn das Messe- und Kongresszentrum „Excel London“ ein bisschen arg weit außerhalb der City liegt. Hier gebührt den Organisatoren Dank und Anerkennung.
Prof. Soren Jepsen, amtierender Präsident der Fachgesellschaft Parodontologie, berichtete, es seien 29 nationale Gesellschaften vertreten, und alle hätten sich das Motto gegeben: „Periodontol Health for an better life“.
Dabei ist die parodontale Gesundheit durchaus schichtabhängig, wie Needleman berichtete. Soziale Einflüsse und psychische Faktoren sind bestimmend. Dies wird von Abrahamson bestätigt, der die „Oral Qualitiy of Life“ insbesondere von Bildung abhängig macht – Bildung und orale Gesundheit korrelieren in hohem Masse. Die QoL verbessert sich auch signifikant nach Therapie (dazu werden 11 Studien zitiert) – weitere Informationen unter i.needles@ucl.ac.uk.
Dass die parodontale Erkrankung keine rein lokale Erscheinung und auf nur auf die Mundhöhle beschränkt ist, ist seit etlicher Zeit bekannt. Soder et al 2007, Linden et al 2012, Sharma et al 2015, stellen eine Korrelation zwischen Todesrisiko und Parodontitis her, insbesondere scheint der Zusammenhang zwischen einer PAR und chronischen Nierenleiden gegeben. Die inflammatorischen Prozesse scheinen Einfluss auf die generelle Alterung, rheumatische Erkrankungen, Diabetes, Cardio-vasculäre Erkrankungen sowie die Fertilität zu haben, dies wurde wieder einmal bestätigt. Leider kann die Kausalität nicht so einfach nachgewiesen werden, da ja andere Faktoren praktisch nie völlig ausgeschlossen werden können. Eine PAR entwickelt sich ja in den seltensten Fällen bei einem gesund lebenden Menschen, sondern eher als Folge einer ungünstigen Lebensweise, Hygienemängeln, Ernährungsfehlern, usw. Im Tierversuch allerdings – da können mögliche andere Faktoren ausgeschlossen werden – können die o.a. durch Statistik belegten Annahmen bestätigt werden.
Zur Problematik der Parodontitis kommt nunmehr verstärkt die der „Periimplantitis“, besser, der Mucovitis bzw. Ostitis der periimplantären Gewebe. In 2014 seien 20 Mio Implantate gesetzt worden (Verkaufszahlen), wobei man davon ausgehen muss, dass etwa 20 Prozent von einer periimplantären Entzündung gefolgt sind, was eine Zahl an Erkrankungen von 4 Millionen entspricht. Pro Jahr werden 1,5 Mio Patienten mit Periimplantitis behandelt – die Erkrankung wird unübersehbar meist nach etwa 10 Jahren post OP. Tabenski, Freiburg, berichtete zu den Entwicklungen der Geweberegeneration. In Langzeitstudien über 13 Jahre untersuchten die Forscher, inwiefern Platelet Gel zusätzlich zur GTR-Technik mit Membranen eine Verbesserung bewirken könnte. Im Ergebnis zeigte sich, dass immerhin 80 Prozent der behandelten Zähne nach 13 Jahren noch in situ befindlich waren, jedoch zwischen der Vero-Gruppe (zusätzlich APC) und der Kontrollgruppe (nur GTR/Membran) kein signifikanter Unterscheid gefunden werden konnte. Auch EMD zusätzlich zur Membrane bringt wohl wenig, wie Yenigun zeigen konnte.
Epidemiologische Daten kamen von der Universität Bergen. Hier wurde vorgetragen, dass sozio-ökonomische Faktoren die Erkrankungsrate massiv beeinflussen. Ein Hauptfaktor für parodontale Erkrankungen sei das Rauchen, nach Hugoson seien 50 Prozent der PAR-Fälle Raucher, und die entstammten hauptsächlich gering gebildeten Schichten (75 Prozent der Gesamtheit der Raucher hätten einen vergleichsweise geringen Bildungslevel).
Panis aus Athen trug vor, dass etwa 10 bis 27,5 Prozent der Menschen Halithosis aufwiesen, deren Ursache zu 90 Prozent oralen Ursprungs sei.
Fazit:
Die Parodontologie ist das Teilgebiet der Zahnheilkunde, das die meiste Grundlagenforschung betreibt und am ehesten den Gegebenheiten der allgemeinen Humanmedizin entspricht. Der Parodontologe ist ein „richtiger“ Arzt und kein „Dentist“, der nur mechanisch an Zähnen arbeitet.