Online-Magazin für die Zahnarztpraxis

Dokumentation – wissen, worauf es ankommt

Dokumentation –

ohne QM unmöglich heutzutage

 

Generationen von Zahnärzten und zahnärztlichen MitarbeiterInnen haben die Dokumentation primär nach Abrechnungspositionen hin ausgerichtet. Juristisch war das immer schon problematisch – der BGH als oberstes Gericht hat stets betont, dass eine Dokumentation („Krankenblatt“) medizinischen Zwecken zu dienen habe und nicht der Abrechnung.

Die Komplexizität der Verträge zwischen (Zahn)Ärzten und Kassen hinsichtlich der SGB V Vorgaben („das medizinisch notwendige Maß nicht übersteigend, ausreichend, wirtschaftlich“) mit teilweise absurden Abrechnungsbestimmungen hat jedoch dazu geführt, dass die Aufzeichnungen meist sehr knapp gehalten wurden und der Einfachheit halber die Abrechnungskürzel eingetragen wurden (z.B. F3, bmf, cp, mu für eine 3-flächige Füllung, bei der eine Pulpaüberkappung ohne Pulpaeröffnung erfolgt ist, eine Trockenlegung zervikal zur besseren Abdichtung des Füllungsrands sowie eine Kurzintervention bei einer lokalen Zahnfleischentzündung/Blutung). Nur: neuerdings reicht das bei weitem nicht mehr aus, diese jahrzehntelang geübte und tolerierte Vorgehensweise führt bei einer Abrechnungsprüfung unweigerlich zur Honorarkürzung – und im Streitfall mit behauptetem Behandlungsfehler löst eine solche Basisdokumentation sowieso beim Antragsgegner (Patient/Krankenkasse) einen Freudentaumel aus, weil man sich da als sicherer Sieger sieht.

Bei Stichprobenprüfungen – da gerät früher oder später jeder hinein – jedenfalls führt das unweigerlich zur Honorarkürzung. Daneben haben wir ja noch Auffälligkeitsprüfungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Was ist falsch an solchen Aufzeichnungen? Prinzipiell gar nichts, nur, sie bieten Platz für negative Interpretationen: es wird eine Abrechnungsautomatik vermutet, und sogar die Füllungsgröße wird bezweifelt, die cp sowieso. Da lässt sich dann trefflich Geld einsammeln für den guten Zweck, die Sanierung der Kassen. Alles, was via Regress eingesammelt wird, fließt unmittelbar zurück an die Kostenerstatter.

Wie müsste dieser simple Vorgang einer 3-flächigen Füllungstherapie denn aussehen?

Zuerst muss bedacht werden dass die Ausdehnung der Füllung irgendwie belegt werden muss – Röntgenbilder wären eine Möglichkeit, wenn man da nicht gleich wieder in die Wirtschaftlichkeitsfalle geriete. Aber, da kann man aufschreiben (dokumentieren) das die Rö notwendig wäre um die Tiefe der kariösen Erkrankung korrekt zu erfassen (deshalb dann die cp!) und eine eventuelle Mitbeteiligung der Pulpa auszuschließen. Folgerichtig ist nun auch vorab die Vipr erforderlich, wobei hier dokumentiert werden muss, dass das Ergebnis auf eine Pulpitis hindeutet (damit hat man die Begründungen für die cp und die Rö 2 geliefert). Wenn das Röntgenbild dann auch noch eine Zahnfleischtasche bzw. einen Rückgang des Alveolarknochens zeigt hat man die Begründung für die Mu gefunden, da muss dann nur noch dokumentiert werden, was man als Medikament eingesetzt hat (hilft dann auch bei der Abwehr der Regressforderung bezüglich PC-Rezept). Sie erkennen die Logik?

Die Kollegen wehklagen dann stets dass bei einer solch umfangreichen Dokumentation die eigentliche Tätigkeit zu kurz käme. Dies mag schon stimmen, nur, die Bürokratie fordert eben diesen Aufwand – was nützt es denn, richtig produktiv zu arbeiten, um dann Honorarrückforderungen in 5-stelliger Höhe auferlegt zu bekommen?!

Etwas leichter kann man sich die Arbeit allerdings schon machen – wenn man das ungeliebte QM einführt und dafür nutzt. Bestimmte Behandlungsroutinen kann man ja systematisieren: BEMA-Ausschlusskriterien können via QM außerhalb des Krankenblatts ein für alle Mal dokumentiert werden – Beispiel PA. Da kann man im QM festlegen, dass eben ausreichend viele Nachsorgetermine gleich mit beantragt werden, das enthebt der Peinlichkeit wegen nachträglich notwendiger Nachsorgetermine einen Regress auferlegt zu bekommen (die Prüfstellen streichen Nachsorgetermine im BEMA bis gut 6 Monate nach Abschluss der PA-Therapie!), und wenn im QM festgelegt ist, dass erst bei einem API von 30 und weniger ein PA-Antrag gestellt wird, dann vermeidet man das erhebliche Risiko dass wegen Verstoß gegen die RiLis die PAR ganz gestrichen wird (Vorwurf mangelhafter Vorbehandlung)

Dazu müsste man jedoch ein QM einsetzen, das nicht die Abfalleimer und Feuerlöscher zählt – ein funktionales QM sollte so aufgebaut sein, dass dadurch Prüfungen und Regresse soweit als irgend möglich vermieden werden bzw. bei einer Prüfung oder einer Auseinandersetzung mit Patienten seitens der Praxis nachgewiesen werden kann, dass alles korrekt abgelaufen ist. Schon die Lächerlichkeit dass man beim Beratungs-/Aufklärungsgespräch vergessen hat zu dokumentieren, worüber und wie lange man mit dem Patienten gesprochen hat, führt dazu, dass man an den Pranger gestellt werden kann. Weder vor der Prüfungsstelle noch vor Gericht wird man Gehör finden, wenn kein Nachweis erbracht werden kann.

Dabei wäre es doch so einfach: laut aktueller Rechtslage (BGH-Entscheidungen) gilt eine Eintragung im Krankenblatt als Beweis, da kann der klagefreudige Patient ebenso wenig etwas daran ändern wie die KZV bzw. deren Prüfinstanzen. Und, siehe oben – man muss gar nicht so viel während der Behandlungszeit eintragen, wenn man sich ein System zugelegt hat. Therapieprotokolle für die gängigen Behandlungen werden im QM niedergelegt, im Krankenblatt genügt dann ein Hinweis, der sogar nummeriert sein kann(also trägt man nur noch eine Zahl ein, fertig). Einfacher und rechtssicherer geht´s doch gar nicht. Man muss sich nur ein einziges Mal der Mühe unterziehen, seine Tätigkeit strukturiert zu beschreiben. Wem das zu kompliziert ist – es gibt fertige Systeme, die man dann minimal auf die eigenen Bedürfnisse anpasst, und schon hat man eine Menge an Sorgen los. Fragen Sie die Redaktion, die nennen Ihnen Bezugsquellen!

Dies gilt auch für die Beratung. Der BGH (und damit auch alle niedrigeren Gerichte) verlangt ultimativ eine umfassende Beratung vor jeder Behandlungsmaßnahme, und die muss seitens der Praxis nachgewiesen werden (Beweislastumkehr). Sonst kann jeder Patient einfach behaupten, er/sie sei nicht aufgeklärt worden, und damit kann er/sie sich vor jeglicher Zahlung drücken.

Auch hier ist Systematik mehr als ratsam. Ist auch ganz einfach: für alle in der Praxis vorkomm enden Therapien (so viele sind das doch gar nicht!) hält man in der EDV Infoblätter bereit und druckt je nach Bedarf die entsprechenden Infos aus. Im Krankenblatt wird dann eingetragen „Info Nr. 27 (Beispiel) mit dem Patienten abgearbeitet, Infoblatt mitgegeben“, und das kann man sich dann sogar noch auf einem Blatt des Infosystems vom Patienten unterschreiben lassen (wenn´s im QM niedergelegt ist wird es auch nicht vergessen). Es ist schlicht unverständlich dass die Zahnärzte bei den hohen Risiken, denen sie ausgesetzt sind, nicht alle längst so arbeiten und sich stattdessen mit den unzulänglichen Systemen der Kammern zufriedengeben. Wichtiger als Abrechnungskurse (die meist genau das propagieren, was dann unmittelbar zum Regress führt, wegen der enthaltenen Abrechnungsautomatik) wären doch Kurse zur korrekten Dokumentation sowie zu einer Anleitung für ein praxisfreundliches QM-System.

Die Folgen dieser leichtsinnigen Fehleinschätzung kann man dann sehen, wenn die geprüften Kollegen um Hilfe im Prüfungsverfahren nachsuchen. Wie in den Abrechnungskursen propagiert wird abgerechnet, was abrechenbar ist – ohne eine medizinische Dokumentation. Da fällt es schon schwer für die Prüflinge noch was herauszuholen. Derzeit geht das noch, mit Einschränkungen, weil in den Prüfungsstellen (noch) verständnisvolle Zahnärzte sitzen, die die Probleme in den Praxen kennen. Nur: aktuell legen die Kassen gegen jeden ihnen nicht genehmen Prüfbescheid Beschwerde ein, und im Beschwerdeausschuss ist die Besetzung eine andere, da hat es der Zahnarzt deutlich schwerer, einen Regress zu vermeiden – da muss man schon mit Verfahrenstricks kommen, um überhaupt noch Gehör zu finden.

Nachdem sich die Prüfungen als regelrechte Goldgrube für die Kassen entwickelt haben – Regresse in der Höhe von 50 000+ sind keine Seltenheit, geprüft wird generell fünf Jahre rückwirkend, dann lohnt sich das eher, denn: die Prüfer arbeiten ein, zwei Quartale durch und rechnen dann hoch, das ist äußerst rationell für die Kassen und bringt richtig was ein. Ebenfalls im Trend liegt, dass dem Prüfling gleich zu Beginn des Prüfverfahrens ein Vergleich angeboten wird. So etwas hört sich vernünftig an, erspart es doch die unangenehme Situation vor „der Inquisition“ Rede und Antwort stehen zu müssen. Nur: wer sich mehrfach auf Vergleiche einlässt hat dann ein Disziplinarverfahren „wegen dauerhaft nicht richtliniengemäßer Therapie und Falschabrechnung“ am Bein, was nochmals recht unangenehm werden kann. Die Zustimmung zum Vergleich wird als Desinteresse ausgelegt, man müsste schon eine „Beratung“ annehmen und darauf fußend dauerhaft die Systematik in der Praxis ändern – ja, warum denn dann nicht gleich, wenn das einem sowieso nicht erspart bleibt?!

Beispiel M.V (Name der Redaktion bekannt):

Angefangen hat es mit einem Kürzungsansinnen in Höhe läppischer 1000 Punkte, geprüft wurde ein Quartal, das 3,5 Jahre zurücklag. Der Zahnarzt hat einem Vergleich zu gestimmt – wozu für die paar Euro extra in die KZV fahren und einen halben Tag Arbeitszeit verlieren? Dann wurden plötzlich weitere Quartale geprüft, mit steigenden Forderungen – und dann hat man hochgerechnet. Da kamen dann schon mal 4 000 Punkte pro Quartal zusammen. Ohne korrekte Prüfung! Und aktuell flattert dem Zahnarzt die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens auf den Tisch mit dem Hauptvorwurf, er habe sich nicht beraten lassen (!) und hätte weiter nicht richtliniengemäß behandelt, weil ihm die Regresse egal seien – als wesentlichen Beweis sieht man die Vergleiche an.

Beispiel A.H.: da sind über 5 Jahre insgesamt Regressforderungen über 250 000 € errechnet worden, die Bescheide sind noch nicht rechtskräftig, weil rein formal Fehler gemacht wurden. Hauptvorwurf: mangelhafte Dokumentation bei der Betreuung von Drogenabhängigen in der Entzugsklinik.

Kompliziert wird die Angelegenheit dadurch, dass es unterschiedliche Prüfvereinbarungen in den einzelnen KZV-Bezirken gibt. Manche Landes-KZVen prüfen noch nach statistischen Größen (Wirtschaftlichkeitsprüfung) und daneben in Einzelfallprüfungen (Stichprobenprüfung), andere haben Prüfvereinbarungen, dass nur noch Einzelfallprüfungen stattfinden. Bei der statistischen Prüfung kann man noch gut gegenhalten, die Einzelfallprüfung fordert jedoch perfekte Unterlagen – was im Krankenblatt steht kann man kaum wegdiskutieren. Und da die Einzelfallprüfung einen enormen Zeitaufwand bedeutet, hat sich eingebürgert, dass ein Quartal geprüft und dann auf vier Quartale hochgerechnet wird. Damit kann auf rationelle Weise viel Geld eingesammelt werden – Argument: die Arbeitsweise eines Zahnarzts sei Routine, also könne man davon aus gehen, dass wenn einmal falsch abgerechnet oder nicht RiLi-gemäß gearbeitet wurde dies auch so bleibe, bis zur Beratung. Und die gestaltet sich dann so dass der Zahnarzt vor einem großen Gremium (der Inquisition vergleichbar) richtig niedergenmacht wird, weshalb die Kolleg en solchen Sitzungen auch gerne fernbleiben…

Deshalb: Vorbeugen ist besser als heilen – der eigene Spruch sollte auch für sich selber Geltung haben. Prüfungsprophylaxe ist das Mittel der Wahl, um sich Unannehmlichkeiten zu ersparen.

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