Die neuste Schnapsidee:
Versicherte sollen ihren Zahnarzt bewerten – Kassen als Plagiator
Das haben sich die Kassenstrategen gut ausgedacht – nachdem zahlreiche Magazine aus der Regenbogenpresse schon (Zahn) Ärzte“Tests“ durchgeführt und veröffentlicht haben – und dafür keine Sanktionen erleiden mussten, sondern durch höhere Verkäufe ein Geschäft daraus machten – wollten halt die GKVen nicht zurückstehen. Und dann haben sie sich groß in den Medien präsentiert als die Retter des Abendlands, die sich ganz den Interessen ihrer armen misshandelten Versicherten widmen.
Das hat schon einen gewissen Reiz, wissen wir doch um das typische Massenphänomen. Was andere machen, macht der Mensch gerne nach (siehe Mode, und mag sie noch so unsinnig sein, siehe Unterhaltungsindustrie, etc.). Das kennen wir eben auch vom Arzt: ein Großteil der Neu-Patienten kommt auf Empfehlung – seien es Angehörige, seien es Arbeitskollegen, eine Empfehlung ist „Gold“ wert.
Also könnte man folgern, wenn ein Zahnarzt bei der Kassenbefragung gut rauskommt („gut“ bewertet wird), dann kann er sich vor Zulauf nicht mehr retten. Und die Kassen können angeben, sie täten alles Erdenkliche für ihre Versicherten, und so ein Ranking wäre doch sehr nützlich, um die besten der besten zu fördern.
Was da kaum bedacht wird: so eine Onlinebefragung, wie von der AOK angekündigt, kostet richtig Geld, das dann für die Finanzierung fehlt. Schon mal ein wichtiger Punkt, der fragen lässt, ob die Kassen nicht ihren gesetzlichen Auftrag verletzen, weil sie Versichertengelder veruntreuen.
Dann entstehen ja durch solche „Empfehlungen“ erst so richtig Ungleichgewichte: Wer dabei gut bewertet wird, wird von Patienten überrannt mit der Folge ewig langer Wartezeiten, was dann wieder bei der nächsten Runde negativ bewertet werden wird. Solche Schwankungen im Patientenaufkommen führen unweigerlich zur Wirtschaftlichkeits- bzw. Auffälligkeitsprüfung. Vergessen wir nicht, nur wer „im Durchschnitt“ arbeitet kommt durch, jeder andere hat eine Prüfung. Und schließlich der wichtigste Aspekt: wie bei der unsinnigen Lehrerbewertung (da kriegt der Lehrer die beste „Note“, der seinen Job nicht macht und nur gute Benotungen vergibt) so ist das auch beim Arzt. Kritik darf man dann schon gar nicht üben, z.B. indem man das Märchen von den geerbten schlechten Zähnen als Märchen bezeichnet und bessere Mundhygiene verlangt. Schauen wir uns die Zahlen doch mal an – zwei Drittel der Bevölkerung haben eine parodontale Erkrankung, verursacht durch ungenügende Mundhygiene (DMS IV). Wie soll man die zu mehr Mundhygiene bringen, wenn man ihnen alles schönreden muss, um nicht negativ bewertet zu werden? Oder wer mag dann (den RiLis entsprechend) noch ZE verweigern, weil die Mundhygiene nicht stimmt? Oder die PAR? Die dann zum Regress führt, obgleich doch der Patient der „Schuldige“ ist?
Als (Zahn)Arzt hat man heute in erster Linie edukative Aufgaben: wir müssen den Patienten endlich beibringen, wie sie gesund bleiben können ohne permanente ärztliche Behandlung. Das funktioniert doch niemals, wenn es solche Bewertungsportale gibt. Wenn die Kassen wirklich sparen wollen, dann ist das Ergebnis solchen Unfugs das totale Gegenteil, dann steigen die Kosten noch rascher. Patienten kann man nur dann mitnehmen in der Prophylaxe, wenn eigene Anstrengung belohnt und Schlamperei bestraft wird (Grundkurs Verhaltensspsychologie)!