Hysterie als Zeichen für Wohlstand?
Siegmund Freud, Begründer der Psychoanalyse, hatte zeitlebens mit immer demselben Patiententyp zu tun: Frauen aus dem Wohlstandsbürgerniveau. Da diese den existenziellen Nöten der „niederen“ Schichten enthoben waren, ja, deren Alltag ihnen völlig unbekannt war, lebten sie in einer Blase, in der – dem Normalbürger unverständlich – „Nebensächlichkeiten“ zu existenziellen Bedrohungen wurden. So analysierte Freud, dass „Sex“ und „Todestrieb“ die meisten seelischen Störungen verursachten, und diese konnte er selbst in lebenslangen Therapien nicht wirklich heilen. Die wöchentliche Sitzung mit dem Seelenarzt wurde zu einem festen Bestandteil des Daseins.
Nun kann man durchaus feststellen, dass das ganze wohl der Langeweile geschuldet war – wer sich überhaupt nicht mehr um Daseinssicherung (Arbeit, Finanzen, usw.) zu kümmern hatte, brauchte etwas anderes, und so hörte man intensiv in sich hinein, z.B. grübelte man nach dem Sinn der Existenz, nach Aufgaben für sich.
Im großen Kriegsinferno später gab es keinen Bedarf an Psychotherapie, da hatte fast jedes echte Sorgen: Wo bekomme ich morgen etwas zu Essen auf den Tisch, wo Heizmaterial, etc. Die Kriegsheimkehrer packten an, um irgendwie eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen, Traumatherapie war damals gar nicht bekannt und wäre auch niemals finanzierbar gewesen.
Und heute? Aktuell haben wir die Situation, dass krasser Mangel an Psychotherapeuten zu verzeichnen ist, ewige Wartezeiten stehen an, man muss froh sein eine Therapie in 6 bis 12 Monaten zu bekommen. Die Zusage des Gesetzgebers, innerhalb von 4 Wochen einen Termin zu erhalten, entpuppt sich als heiße Luft. Natürlich bekommt der Anfragende einen Termin, und da wird er dann auf eine Therapie in ferner Zukunft vertröstet. Mit Planwirtschaft lässt sich das nicht lösen.
Woher kommt denn die hohe Nachfrage? Da kann man natürlich auf die großen Belastungen durch immer stärkere Arbeitsverdichtung, die Zunahme der Aggressivität, die Entfremdung von anderen Menschen, Mobbing durch Vorgesetzte, Krisen im Leben durch Scheidung usw., verweisen, aber, wirkliche existenzielle Not, wie im Krieg, hat niemand.
Parallel dazu zerfällt die Gesellschaft in immer kleinere Einheiten – man kann nicht einmal gemeinsam Essen, denn Jeder hat seine eigene Ernährungsphilosophie, da gibt es ja nicht nur Fleischesser und Vegetarier, da haben sich massig Untergruppen herausgebildet. Und der Fanatismus, mit dem das dann verteidigt wird, mit dem „missioniert“ wird, ist sagenhaft. Man hat den Eindruck dies bilde eine Pseudoreligion.
Religion hat einmal den Kitt gebildet, der eine Gesellschaft zusammenhielt. Die Religion, egal welche, hat Antworten gegeben, da brauchte man keinen Psychotherapeuten.
Die moderne „bunte“ Gesellschaft verschafft die Geborgenheit nicht mehr, die Religion geboten hat. Da sucht man natürlich nach einem neuen Kitt, und da wird man fündig. Gemeinsame Empörung über was auch immer, das verschafft Gemeinschaftsgefühl. Und weil ja jeder, der andere Auffassungen vertritt, sofort pauschal als Feind anzusehen ist, wird der Zusammenhalt der Gruppe dadurch gestärkt. Ein gemeinsamer Feind gibt den Gruppenzusammenhalt, der sonst fehlt.
Das funktioniert jedoch nur auf dem Boden allgemeinen Wohlstands – wer nicht weiß, was er morgen essen soll, kann sich solchen Luxus nicht leisten.
Nun genügt es jedoch offensichtlich nicht, nur ein Gemeinschaftsgefühl gegen „Feinde“ auszuleben. Und wozu hätten wir denn die Medien, wenn nicht dazu, der Langeweile entgegenzuwirken. Und da wird dann fast täglich etwas anderes ausgegraben, was sensationell ist. Und auf dem Boden solcher Sensationsmeldungen wird dann Massenhysterie befeuert.
Da haben wir das Thema „Klima“. Da springen dann Politiker gerne auf den fahrenden Zug auf und verkünden fast täglich Horrormeldungen zusammen mit Lösungen, die natürlich nicht sie selbst, sondern „das Volk“ betreffen. Da haben wir grade den „Energiewende“ Hype, der völlig irrationale Kreuzzüge losgetreten hat. Oder die vorher erwähnte „Klima“ Geschichte. Da wird eine kranke Schulversagerin zur Heiligen hochstilisiert, die von den Mächtigen der Welt empfangen wird wie ein Prophet und diese gerne beschimpfen darf, und kaum eine Partei die nicht willig sich dem Hype unterwirft.
Jedes Jahr, wenn die Grippewelle kommt, sterben zig-Tausende daran, oder an Autounfällen, oder was es sonst so gibt, kümmert keinen. Da kommt jetzt Corona, und alle brechen in Hysterie aus. Da haben die Medien etwas zu schreiben, und die überversorgten Menschen was zu sorgen.
Oder das Flüchtlingsthema. Natürlich, da berichten die Medien, nicht selten mit gefakten Bildern, von der Not in der Welt. Ja, ist schlimm, was da passiert. Aber muss man deshalb einen Bürgerkrieg im eigenen Land lostreten?
Es ist festzustellen, dass die Streitereien hysterischen Anfällen ähneln. Man kann nicht argumentieren, man kann nicht diskutieren – Ratio zählt gar nichts, Emotionen umso mehr. Menschen gefragt, ob sie es wagen ihre Meinung zu äußern, verneinen das in immer höherem Prozentsatz. Wahlprognosen sind wertlos geworden, weil die befragten Wähler nicht mehr die Wahrheit sagen. Alles Anzeichen für eine zunehmende Hysterie.
Und über allem schwebt der merkwürdige Selbsthass. Politiker dürfen, ohne kritisiert zu werden, offen sagen, sie „können mit Deutschland nichts anfangen“, wer „Flagge zeigt“ wird sofort als Nazi bezeichnet, Senioren als „Umweltsäue“ diffamiert, und ehemals konservative Parteien hecheln dem grünen Zeitgeist hinterher, im hysterischen Bemühen, noch rasch ein paar Wählerstimmen dadurch zu erhaschen.
Die Gesellschaft befindet sich in Auflösung, und der so gerühmte Wohlstand geht verloren. Ein Tschechischer Autor, der das ein bisschen von außerhalb betrachtet, kann das nicht verstehen ( https://dushanwegner.com/deutscher-masochismus/ ). Ich ehrlich auch nicht.