Zieht euch warm an
Neueste Nachricht aus der KZV: nachdem die Onlineabrechnung Realität geworden ist liegen alle Daten zeitnah computerlesbar vor. Diese Chance lässt sich keine Kontrollbehörde entgehen – also werden aktuell ab diesem Jahr alle Zahnarztabrechnungen geprüft. Ausnahmslos. Wie von Seiten der Mitarbeiter der KZVB zu hören ist sind die jetzt voll im Stress – weil die Zahnarztabrechnungen überwiegend fehlerhaft bis falsch seien. Besondere Aufmerksamkeit wird jetzt auf Laborrechnungen gerichtet, denn die die seien praktisch alle falsch, so unsere Quelle in der KZV (Namen der Redaktion bekannt, möchte jedoch anonym bleiben, aus verständlichen Gründen).
Was für die KZVB gilt, gilt sicherlich auch für alle anderen KZV-Bezirke. Unserer Erfahrung nach wird überall engmaschig geprüft – dabei geht es mittlerweile im Schnitt um 5 000 € nachträgliche Honorarkürzung je Prüffall – rechnen wir nur ein einziges Prüfquartal pro Jahr, das macht bei 60 000 Praxen die schwindelerregende Summe von 3 Milliarden €. Jährlich! Ein extrem einträgliches Geschäft.
Ermöglicht werden die verschärften Kontrollen durch neue Programme (Software), die rigoros Fehler aufdecken.
Da werden jetzt sehr viele „sachlich/rechnerische Richtigstellungen“ auf die Praxen zukommen. Nachdem also schon „Kons/Chir“ Abrechnungen in einem verschärften Kontrollsystem auf „Wirtschaftlichkeit“ geprüft werden, kommen nunmehr auch die ZE-Abrechnungen an die Reihe. Bislang konnte man sich da noch sicher fühlen – ZE-Abrechnungen wurden praktisch überhaupt nicht überprüft, weil der Eigenanteil der Patienten hoch genug war, dass man meinen konnte, dass hier die Patienten selbst Kontrolle ausübten. Scheint aber nicht so gewesen zu sein. Nun stellen wir uns die politische Reaktion vor: der Patient als Kontrollfaktor ist ein Totalausfall, wie die Datenlage zeigt. Da werden die Linken wieder mal bestätigt: man darf Ärzten (oder Zahnärzten) nicht vertrauen, der Staat muss kontrollieren.
Die KZV ist der Staat? Ja, die KZV ist keine Interessenvertretung der Zahnärztem sondern ganz gewollt ein staatliches Kontrollinstitut, eine Institution, die zwar von den Zahnärzten bezahlt wird, aber die Kontrollaufgaben des Staates wahrnimmt. Da gibt es kein Entkommen! Alle Bestrebungen die KZV abzuschaffen werden jetzt zunichte gemacht, weil die Politiker aufschreien werden „man kann den Zahnärzten nicht vertrauen“.
Das ist keine Nestbeschmutzung wie gerne so mancher denken möchte, das ist einfache Logik. So lange – leider – fehlerhafte Abrechnungen eingereicht werden in der stillen Hoffnung es würde schon nicht bemerkt werden, oder, fast schlimmer noch, Falschabrechnungen erstellt werden ohne Schuldbewusstsein, entstanden möglicherweise durch krasse Unkenntnis, spielt man dem Gegner alle nötigen Argumente zu, eine Befreiung der Zahnheilkunde von den bürokratischen Fesseln wirksam zu verhindern.
Die bearbeiteten Prüffälle haben da wahre Abgründe aufgetan: „noch nie ist was beanstandet worden“ bis „ich habe meine Abrechnungskraft nie kontrolliert“ und „das habe ich doch immer so gemacht“ finden sich alle möglichen Ausflüchte. Gravierender jedoch ist, dass kaum ein Zahnarzt die Richtlinien kennt – scheint eine Terra incognita zu sein -, heftige Dokumentationsmängel vorliegen (korrekte Eintragungen sind eher zufällig als systematisch zu finden) und anscheinend auch keine Idee von den Folgen in den Köpfen steckt.
Die Folgen: der bisher größte Fall, den wir (Securdent) bearbeitet haben, belief sich auf 250 000 € Honorarrückforderung. Die betroffene Praxis arbeitet in einem Problemviertel mit massenhaft Drogensüchtigen als Klientel, das soziale Engagement ging sogar so weit, dass Hausbesuche in der Drogenklinik geleistet wurden. Dass man da aus dem Landesdurchschnitt rausfällt sollte eigentlich nachvollziehbar sein. Nur, die Praxis hat leider nicht so argumentiert – der beauftragte Rechtsanwalt versteifte sich auf die Strategie, auf Verjährung zu plädieren (die Prüffälle lagen weit in der Vergangenheit). Da konnten wir nur noch zusehen – man hat uns nicht gehört, der Anwalt war ja vollkommen überzeugend. Der Jurist hat nur nicht bedacht dass mit Einleitung eines Prüfverfahrens laut SGB V die Verjährung gehemmt wird. Das heißt, die Prüfstelle muss nur innerhalb der gesetzlichen 5-Jahresfrist die Prüfung einleiten.
Das ist für die Prüfstellen äußerst praktisch: die derzeit geltende Rechtsprechung erlaubt nämlich auch noch, dass aus Prüfquartalen auf nicht geprüfte Quartale hochgerechnet werden darf. Damit wird die Arbeit drastisch reduziert: es werden, beispielsweise, 2 Quartale geprüft, die anderen 2 werden hochgerechnet. Da hat man plötzlich eine Verdoppelung der Schadenssumme. Und das geht dann über Jahre – da kommt was zusammen.
Interessant ist auch die Strategie, den Zahnarzt in falscher Sicherheit zu wiegen. Da wird stets ein Vergleich angeboten – schließlich möchte man ja dem Zahnarzt nicht die kostbare Zeit stehlen. Klingt erst mal vernünftig. Und dann kommt nach der 2. oder 3. Prüfung ein Schreiben des Disziplinarausschusses mit dem Inhalt, dass nunmehr ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde wegen kontinuierlich unwirtschaftlicher Behandlungsweise. Das, wohlgemerkt, bezogen auf Vorgänge in der Vergangenheit! Ist im normalen Verfahren vor ordentlichen Gerichten mit einem Vergleich alles dauerhaft erledigt, gilt dies für den Vertragszahnarzt keinesfalls, siehe oben.
Wir haben uns mal die Mühe gemacht und haben die häufigsten Fehler zusammengetragen und in Form eines Referats aufbereitet („Prüfungsprophylaxe“). So etwas schützt schon mal etwas vor der Einzelfallprüfung – die Prüfung nach Durchschnittswerten (Statistik) bleibt einem da immer noch nicht erspart. Da muss man dann eben argumentieren (im Beispiel oben: überdurchschnittlich viele Drogenkranke, andere Gründe für die Abweichung vom Durchschnitt, kompensatorische Einsparungen, da findet sich schon was) – nur, Fehler in den Aufzeichnungen sind schwer zu korrigieren: nachträgliche Korrekturen sind als Urkundenfälschung mit schweren Strafen bedroht.
Das Fazit aus zahllosen Prüfverfahren: agieren Sie rechtzeitig, noch bevor Sie die Prüfung haben, indem Sie sich informieren (lassen) zur vertragsgerechten Dokumentation – haben Sie ein darauf abgestelltes QM-System? -und lassen Sie sich dann bei der Prüfung kompetent helfen um zumindest das schlimmste zu verhindern.
Denn – bei den eingetriebenen Summen werden die Kassen auf dem eingeschlagenen Weg weitergehen, es lohnt sich ja! Und der Zahnarzt? Der kann das nicht so leicht wegstecken, meine ich…