Pressemitteilung der DGZMK:
DGAZ und BZÄV tagten gemeinsam zum Thema „Zahnmedizin für Senioren“
27. Jahrestagung und 31. Bergischer Zahnärztetag in Wuppertal / Weit gefasstes Kongressspektrum bot umfangreiche Informationen
Wuppertal. Die SeniorenZahnmedizin in Deutschland hat mit manchen Widrigkeiten zu kämpfen. Eine davon nahm ZA Ralf Wagner, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niederrhein (KZVN), zur Eröffnung der gemeinsamen Tagung des 31. Bergischen Zahnärztetages (BZÄV) und der 27. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ) aufs Korn: Passend zum Kongressthema „Zahnmedizin für Senioren“ prangerte er die Versorgungslücke in der GKV bei zusätzlichen, altersgemäßen Prophylaxemaßnahmen an. Der am 19. und 20. Mai 2017 in der historischen Stadthalle von Wuppertal durchgeführte wissenschaftliche Kongress ermöglichte im weiteren einen fruchtbaren kollegialen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Die Schwierigkeiten und die Komplexität der Behandlung von Senioren unterstrich Dr. Hans Roger Kolwes, langjähriger Vorsitzender des Bergischen Zahnärztevereins, in einer kurzen und prägnanten Begrüßung.
Alles anders in der SeniorenZahnmedizin?
Prof. Ina Nitschke, Präsidentin der DGAZ, eröffnete mit ihrem Vortrag „Alles anders in der SeniorenZahnmedizin?“ das wissenschaftliche Programm. Sie beschrieb aus der Sicht der Gerostomatologie die besonderen Umstände in der zahnmedizinischen Versorgung von hochbetagten Patienten.
Um den Bedürfnissen dieser Patienten in der zahnmedizinischen Betreuung gerecht zu werden, sei es wichtig, bestimmte Faktoren zu berücksichtigen. Zum einen die mögliche Belastbarkeit des Patienten im Rahmen der zahnmedizinischen Behandlung (zahnmedizinische funktionelle Kapazität) und zum anderen das soziale Umfeld mit entsprechenden Versorgungsstrukturen und Nachsorgemöglichkeiten.
Eine gute zahnmedizinische Betreuung betagter und hochbetagter Patienten fordere eine Anpassung an das Klientel. Wichtig sei es, den gerostomatologischen Wohlfühlfaktor in einer Praxis hochzufahren, wenn diese heterogene Patientengruppe willkommen ist. Schlüsselbegriffe seien hier vor allem der Umgang mit dem Patienten, die Erreichbarkeit, das Bereitstellen von Hilfsmitteln und Empathie für die Gesamtsituation des Patienten. Für einen idealen Zahnarzt gelte es vor allem, bei den Patienten über 85 Jahren eine ausgeprägte psychosoziale Kompetenz neben der fachlichen Kompetenz zu beweisen.
Lebensqualität gebrechlicher Patienten steigern
Priv. Doz. Dr. Helmut Frohnhofen, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke vertrat Prof. Jürgen M. Bauer (Universität Heidelberg) und beschrieb in dem Vortrag „Altsein mit Multimorbidität und multidimensionaler Krankheit – Wie kann die Geriatrie helfen?“ zunächst aus Sicht eines Geriaters, welche Einschränkungen im Alter auftreten und welche Bedeutung sie für die zahnärztliche Betreuung haben können. Um diesem Problem begegnen zu können, müssten die Versorgungsstrukturen verändert werden, im Sinne einer ausgeprägteren aufsuchenden Betreuung und einer intensiveren Auseinandersetzung der Geriater mit der Mundhöhle. Abschließend stellte Fronhofen fest, dass es eine gemeinsame Aufgabe der Geriater und Gerostomatologen sei, die Lebensqualität der Patienten interdisziplinär zu verbessern. Dabei sollte die frühe Prävention im Fokus der Zusammenarbeit stehen.
„Psychsomatisch oder gebrechlich?“
Auch das weitere Kongressprogramm lieferte spannende Vorträge. „Veränderungen an der Gesichtshaut und der Mundschleimhaut: Vermehrtes Auftreten im Alter?“ – Zu diesem Thema gab Dr. Harald Ebhardt, Potsdam, Zentrum für Oralpathologie, einen guten Überblick über die häufigsten Mundschleimhautläsionen, sowie die Diagnostik bei älteren Patienten.
„Psychosomatisch oder doch nur gebrechlich?“ – Diesem Ansatz ging PD Dr. Anne Wolowski, Universität Münster i.W., nach. Sie stellte klar, dass im Alter die Schmerzschwelle ansteigt, aber die Schmerztoleranz sinkt. Für den behandelnden Zahnarzt sei es daher entscheidend herauszufinden, was Befund, was Befinden, was Alter ist und was psychosomatisch.
Eine Frage von Gewicht: „Ist die Endodontologie im Alter sinnvoll und machbar?“ – Prof. Dr. Claudia Barthel-Zimmer, Universität Witten/Herdecke, führte die Schwierigkeiten solcher Behandlungen auf, kam aber zu dem Ergebnis, dass das Alter per se keine Kontraindikation für eine endodontische Behandlung alter Menschen sei. „Reparieren von Füllungen – Heute erlaubt und hilfreich in der SeniorenZahnmedizin?“ – Diese Frage wurde von PD Dr. Tauböck, Universität Zürich, eindeutig bejaht. Reparaturfüllungen seien integraler Bestandteil eines nachhaltigen, minimal-invasiven Therapiekonzepts, und somit auch in der SeniorenZahnmedizin durchaus anwendbar.
Zahl der an Demenz Erkrankten wird weiter steigen
Seinen Vortrag „Demenz: Hilft die Gedächtnissprechstunde weiter?“ eröffnete Prof. Dr. Wolfgang Maier, Universität Bonn, mit einem Diagramm, das die Entwicklung von an Demenz Erkrankten in Deutschland von 2002- 2050 darstellte. Hierbei wurde deutlich, dass zwar die altersspezifische Neuerkrankungsrate sinkt, aber insgesamt die Zahl der Erkrankten steigt, da die allgemeine Lebenserwartung steigt und Demenz eine mit hohem Alter assoziierte Erkrankung ist.
Juristische und ethische Aspekte
„Das Betreuungsrecht in der zahnärztlichen Praxis“ stellte Richter Andreas Tscharn, Amtsgericht Wuppertal, im Detail dar. Und die „Besonderheiten bei der Arzthaftung bei gebrechlichen Patienten“ führte Richterin Juliane Schrader, Landgericht Düsseldorf, aus.
Mit seinen Ausführungen zum Thema „Senioren – eine vulnerable Patientengruppe?“
beleuchtete Prof. Dr. mult. Dominik Groß, RWTH Aachen, die Seniorenzahnmedizin aus ethischer Perspektive. Er stellte darin u.a. fest: „Der Umgang mit betagten Patienten ist nicht per se ethisch herausfordernd, doch mit dem Lebensalter steigt die Vulnerabilität für ethisch herausfordernde bzw. dilemmahafte Situationen.“ In den Praxisalltag ging es mit den drei Seniorenzahnmedizinern Dr. Dirk Bleiel (Rheinbreitenbach), Dr. Elmar Ludwig (Ulm), und ZA Hansmartin Spatzier (Berlin): „Wie organisiere ich einen Konsildienst in einer Pflegeeinrichtung?“ Die drei Referenten berichteten von der Umsetzung der aufsuchenden Betreuung im Rahmen ihrer zahnärztlichen Tätigkeit.
Senioren sind Thema für jeden Zahnarzt
Zum Abschluss der Tagung bot Prof. Dr. Christoph Benz (München) unter dem Titel „Senioren – Sollten sie ein Thema für jeden Zahnarzt sein?“ einen Rundblick über den versorgungspolitischen Stand zum Thema Seniorenzahnmedizin. Im Vergleich zu früheren Untersuchungen (DMS IV) sei ein neuer Trend (DMS V) hinsichtlich einer leichten Zunahme der moderaten und einer deutlichen Abnahme der schweren Parodontitis bei jüngeren Senioren auszumachen. Ein parodontales Screening sei bei jedem Senior Pflicht.
Interessantes bot auch der Vorkongress mit dem Workshop „Altern selber spüren – der Gero-Parcours für Zahnärzte und ihre Teams“. Dieser richtungweisende und einzigartige Parcours von Prof. Nitschke und ihrem Zahnärzteam der Klink für Allgemein-,- Behinderten- und Seniorenzahnmedizin der Universität Zürich, mit der freundlichen Unterstützung des Teams um ZA Michael Fechner, Wuppertal, Dr. Hans-Peter Willenborg, Moers und ZA Ulrich Pauls, Ahaus, ermöglichte ein ungeahntes Eintauchen und Hineinversetzen in die älteren und gebrechlichen Patienten.DGAZ
Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin
Markus Brakel
– Pressesprecher –
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