Online-Magazin für die Zahnarztpraxis

Corona – was bedeutet das für die Praxen?

 

Wirtschaftlichkeitsprüfung im Zeichen von Corona

Das SGB V bestimmt die rechtliche Grundlage für Wirtschaftlichkeitsprüfungen aller Art, gleich ob „Auffälligkeitsprüfungen“ oder „Stichprobenprüfungen“.

Solche Prüfungen erfolgen auf Antrag der gesetzlichen Kassen, die zuständigen Gremien sind „Prüfungsstellen“, paritätisch besetzt aus Vertretern der Krankenkassen und der Zahnärzte mit einem „neutralen“ Vorsitzenden. Die zuständige Prüfungsstelle muss dann infolge eines Antrags der Kostenerstatter (Kassen) ein Prüfverfahren eröffnen. Auch wenn die Prüfungsstellen örtlich/räumlich bei der jeweiligen KZV angesiedelt sind, sind die Prüfungsstellen eigene Institutionen. Im Prüfverfahren wird erstmals geprüft, ob ein solchen Prüfverfahren tatsächlich durchgeführt oder ggflls. eingestellt wird. Die Institutionen sind mittlerweile so gut eingespielt, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass kein Verfahren durchgeführt wird.

Regelmäßig ergeht dann ein Prüfbescheid. Mit diesem wird der geprüften Praxis mitgeteilt, dass ein Prüfverfahren eröffnet wurde und weshalb (also ob wegen Auffälligkeit oder nach Zufallsverfahren als Stichprobe) und im Fall einer Auffälligkeit was geprüft werden soll. Dabei kann eine Auffälligkeit in der Gesamtabrechnung oder bei einzelnen Positionen gegeben sein. Es kann durchaus sein, dass die Gesamtabrechnung gleich oder sogar unter dem jeweiligen Landesdurchschnitt zu liegen kommt, jedoch wegen signifikanter Überschreitungen einzelner Abrechnungspositionen diese trotzdem einer Prüfung unterzogen werden.

Der geprüften Praxis wird ein Termin gesetzt, bis wann eine „praxisbezogene“ Stellungnahme eingereicht werden kann und wann in einer Sitzung des Prüfungsausschusses verhandelt wird, wobei der geprüfte Zahnarzt selbst vor dem Gremium seine Sache verteidigen kann oder sich auf seine Stellungnahme beruft und auf die Teilnahme verzichtet.

Die Häufigkeit von Stichprobenprüfungen ist gesetzlich geregelt, wobei es eine Praxis häufiger oder seltener treffen kann, das haben Stichproben so an sich.

Geprüft werden kann das ganze Spektrum der zu Lasten der Krankenkassen abgerechneten Leistungen, wobei es zu gravierenden Korrekturen kommen kann mit der Folge hoher Regresse.

Dies zum Prozedere.

Nun haben wir aktuell eine Ausnahmesituation. Die teils heftigen Beschränkungen wegen der Coronapandemie gehen auch an uns nicht spurlos vorüber. So haben Patienten derzeit eher Bedenken, einen Arzt oder Zahnarzt aufzusuchen, an sich notwendige Therapien werden gerne verschoben. Deshalb brechen in der Praxis die „Fallzahlen“ und damit die Umsätze dramatisch weg. Damit sollte eigentlich die Grundlage für Prüfungen entfallen, weil es aktuell keine zuverlässige Statistik geben kann. Zudem gibt es – Stand 20. April – für Niemanden die versprochenen staatlichen Soforthilfen, da die Regelungen mit heißer Nadel gestrickt wurden und die zuständigen Sachbearbeiter selbst nicht wissen, wie das Procedere – wer hat Anspruch? Wieviel kann ausgezahlt werden? Zu welchen Konditionen? – ablaufen soll. Da bekommt man die Antwort auf Fragen „das weiß ich auch nicht“.

Wie schon bei der Finanzkrise werden Arzt/Zahnarztpraxen mit Anträgen auf Kurzarbeit abschlägig beschieden, auch von dieser Seite kann man keine Hilf e erwarten.

Die Ärzte- und Apothekerbank hat per Rundschreiben angeboten, Zwischenfinanzierungen zu prüfen, Voraussetzung ist dabei natürlich „Kreditwürdigkeit“. Auch keine optimale Hilfe.

Nun hat eine Praxis ja vielfältige finanzielle Verpflichtungen (Miete, Bankverpflichtungen, usw., insbesondere jedoch Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern). Und aktuell schauen die Patienten besonders genau auf Hygiene, und da sind die Kosten explodiert, zudem sind viele Schutzausrüstungen gar nicht lieferbar.

Üblicherweise muss man mit mindestens 60 % Kosten vom Umsatz rechnen, derzeit sicherlich deutlich mehr, vermutlich häufig über 100 %. So etwas kann eine Praxis nur mit dickem finanziellem Polster länger durchhalten.

Weiterer Punkt, der diskutiert werden muss, ist, dass die Patient4en, die sich noch in die Praxis wagen, ein anderes Therapiespektrum abfragen, verschiebbare Behandlungen werden viel weniger nachgefragt, dafür deutlich mehr Schmerzbehandlungen. Damit verschieben sich die Gewichtungen der Leistungspositionen – und das ganz allgemein, das gilt für alle Praxen.

Erschwerend kommt hinzu, dass Patienten, die nur noch Kurzarbeitergeld beziehen, weniger Geld für „entbehrliche“ Ausgaben zur Verfügung haben, da bricht insbesondere Zahnersatz-Umsatz weg. Das spüren natürlich auch die Zahntechniker.

Die Vorschüsse die von der KZV gezahlt werden, sollen wohl – jetziger Kenntnisstand – erst einmal in voller Höhe geleistet werden. Das ist jedoch der einzige Zahlungseingang, auf den man sich derzeit verlassen kann.

Wie hoch die Ausfälle sein werden kann man erst nach der Quartalsabrechnung sagen. Jedoch darf man nicht vergessen, dass Vorschüsse nur Vorschüsse sind, das Honorarvolumen wird bei der Endabrechnung natürlich korrigiert werden (müssen).

Andererseits kommen auf die Kassen auch hohe Belastungen zu. Nachdem schon vor Corona bekannt wurde, dass die Krankenkassen Verluste schreiben, werden diese nun im Zeichen der Pandemie gewaltig zunehmen – Kurzarbeitergeld bedeutet sofort auch ein Sinken der Beitragseinnahmen, dazu kommt eine sicherlich stark steigende Arbeitslosigkeit, die Einnahmenausfälle dürften gravierend sein. Gleichzeitig steigen natürlich die Ausgaben durch teure Intensivbehandlungen der Coronakranken.

Nun werden die Kassen naturgemäß versuchen, die Löcher irgendwie zu stopfen, und da sind Ärzte und Zahnärzte willkommene Opfer, die sich „solidarisch“ zeigen sollen. Über höhere Punktwerte braucht man sich jetzt bestimmt keine Gedanken machen. Gleichzeitig werden die Kassen natürlich versuchen, über Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regresse Geld hereinzuholen – die Kassenmanager sind Realisten und wissen, dass auf absehbare Zeit keine Beitragserhöhungen erreicht werden können. Das ganze Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen des „shutdown“ sind ja noch nicht einmal andeutungsweise abzusehen, und je länger die Krise dauert, desto gravierender werden diese sein. Stand 20.4. gab es 750 Tsd. Betriebe, die Kurzarbeit beantragt hatten. Nehmen wir an, dass dort durchschnittlich nur jeweils 10 Arbeitnehmer beschäftig sind, wären das schon 7,5 Millionen potentielle Arbeitslose – Kurzarbeit ist und kann nichts anderes sein als Zeitgewinn, Zeitgewinn bis zur Arbeitslosigkeit. Denn, mit der Dauer des shutdown wird die Zahl der Insolvenzen exponentiell ansteigen. In den viel kritisierten USA wird uns die Entwicklung im Zeitraffer vorgeführt – ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf deutlich über 10 % ist ein realistisches Szenario, das bei uns zeitlich versetzt auch zu erwarten ist.

Nur dann, wenn jetzt zeitnah ein Wirkstoff gegen Corona sowie ein Impfstoff verfügbar werden – Wirkstoff deshalb, weil eine flächendeckende Impfung ach Zeit braucht! – können realitätsnahe Daten ermittelt werden, wie schwer die wirtschaftlichen Folgen sein werden.

Für den Bereich Wirtschaftlichkeitsprüfungen können deshalb auch keine belastbaren Voraussagen getroffen werden. Jedoch, dass diese ausgesetzt werden, kann man kaum hoffen.

Argumentativ („Praxisbezogene Stellungnahme“) wird man sich auf die Ergebnisse der Leistungsstatistiken beziehen müssen – das kann man jedoch erst, nachdem solche vorliegen.

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