Statement der KZV:
Bundesrat verabschiedet Minamata-Übereinkommen
Amalgam ist in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Kariesdefekte im Seitenzahnbereich in der Regel das Füllungsmaterial der Wahl. Darauf weist die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) anlässlich der heutigen Verabschiedung des Gesetzes zum Übereinkommen von Minamata durch den Bundesrat hin. Das Übereinkommen soll Gesundheit und Umwelt vor Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberverbindungen schützen.
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV: „Amalgam ist der älteste, besterforschte zahnärztliche Werkstoff und wird in den allermeisten Fällen problemlos vertragen. Die Aufnahme von Quecksilber entspricht in etwa der Größenordnung der Quecksilberbelastung durch Nahrung und ist – auch nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen – unbedenklich.“
90 Länder, darunter Deutschland, hatten im Jahr 2013 in Japan Maßnahmen vereinbart, die vom Quecksilberabbau über die Verarbeitung in Produkten bis zur Freisetzung und Behandlung von Altlasten Gefahren für Mensch und Umwelt reduzieren sollen. Zu den Produkten gehört auch Dentalamalgam. Die entsprechenden Regelungen wurden jetzt in nationales Recht überführt.
Der propagierte langsame Ausstieg aus der Verwendung von Amalgam hat allerdings vornehmlich ökologische und nicht gesundheitliche Gründe. „Dass seine Anwendung für Kinder und Schwangere sowie bei bestimmten Erkrankungen eingeschränkt wurde, dient – ähnlich wie bei einigen Arzneimitteln – dem vorbeugenden Gesundheitsschutz“, betonte Eßer.
Das Parlament der Europäischen Union hatte kürzlich die neue EUQuecksilberverordnung angenommen, die ab Januar 2018 in den Mitgliedstaaten gilt. Die Verordnung sieht zum Beispiel vor, dass Amalgam aus Gründen der Versorgungssicherheit als Füllungsmaterial in der EU beibehalten bleibt. Die EUKommission wird bis Ende Juni 2020 eine Machbarkeitsstudie zur Frage vorlegen, ob die Verwendung von Dentalamalgam auf lange Sicht – vorzugsweise bis 2030 – auslaufen kann.
Nach Zahlen der KZBV ist der Trend bei der Verwendung von Amalgam, einer weichen, leicht formbaren Mischung aus verschiedenen metallischen Verbindungen, tendenziell rückläufig. Die Zahl neu gelegter Amalgamfüllungen nimmt seit Jahren ab. Diese entsprechen häufig nicht mehr den Wünschen der Patienten, was unter anderem mit gestiegenen ästhetischen Ansprüchen und dem Wunsch nach möglichst zahnfarbener Versorgung zusammenhängt.
Die Zahl der im Jahr 2015 neu abgerechneten Füllungen zu Lasten der GKV betrug – unabhängig vom Material – 51,6 Millionen. Etwa 30 Prozent des Gesamtbestandes aller vorhandenen Füllungen sind – vorsichtigen Schätzungen zufolge – noch aus Amalgam.
Möchte ein Zahnarzt in seiner Praxis kein Amalgam mehr verwenden, muss er Patienten eine Alternative anbieten, die nicht teurer ist, als eine Amalgamfüllung – im Seitenzahnbereich also zuzahlungsfrei. Tut der Behandler das nicht, verstößt er gegen vertragszahnärztliche Pflichten, zu denen sich die KZBV uneingeschränkt bekennt.
Leistungen der GKV müssen nach dem Gesetz ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Im sichtbaren Frontzahnbereich übernehmen Kassen die Kosten für zahnfarbene Kompositfüllungen (Einschichttechnik). Zu den Frontzähnen zählen die Schneide- und Eckzähne des Ober- und Unterkiefers. Im Seitenzahnbereich werden die Kosten für Amalgamfüllungen übernommen. Für Patienten, die aus medizinischen Gründen kein Amalgam erhalten können (absolute Kontraindikation), werden bei Seitenzähnen Kompositfüllungen gezahlt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Patient eine durch einen speziellen Test nachgewiesene Allergie auf Amalgam oder dessen Bestandteile aufweist oder unter schwerer Niereninsuffizienz leidet.
Vertragszahnärzte müssen über GKV-Leistungen neutral und umfassend aufklären. Wählen GKV-Versicherte eine aufwendigere Versorgung, als gesetzlich vorgesehen, schließen Zahnarzt und Patient eine Mehrkostenvereinbarung. Darin erklärt sich der Patient bereit, den anfallenden Mehraufwand selbst zu zahlen. Der Zahnarzt rechnet mit der Kasse die Kosten ab, die bei einer Amalgamfüllung angefallen wären. Der Patient erhält eine Rechnung über zusätzliche Kosten. Den Austausch intakter Füllungen übernimmt die GKV grundsätzlich nicht.
Kommentar:
Trotz aller Werbung: Amalgam ist nicht gleichwertig ersetzbar. Jede bislang verfügbare Alternative ist deutlich zeitaufwändiger zu verarbeiten, was sich im Preis niederschlägt, und Langzeitfolgen von Alternativmaterialien sind kaum erforscht bzw. bekannt, da die angebotenen Kunststoff-Materialien („Komposit“ bzw. „Kompomer“ sind Materialien auf Polymer-Basis mit unterschiedlich hohem Fülleranteil aus Glas, die organische Inhaltsstoffe an die Umgebung (hier: Mundhöhle) abgeben („Eluation“), und hierzu liegen bislang keine belastbaren Studienergebnisse vor, da 1. Eine hohe Innovationsrate (ständig Neuentwicklungen) bewirkt, dass nach Studienende das getestete Material gar nicht mehr verfügbar ist, und 2. Studien kaum noch aus staatlichen bzw. Mitteln der Universitäten finanziert werden, sondern von der Industrie bestellt und bezahlt werden. Hier muss zumindest der Verdacht bestehen, dass die Ergebnisse nicht neutral sind.
Was allen „Ersatz“Materialien gemeinsam ist, ist eine nach wie vor hohe Feuchtigkeitssensibilität, die in der feuchten Mundhöhle naturgemäß problematisch ist, sowie die grundsätzlich auftretenden Polymerisationsschrumpfung. Weiterhin ist es problematisch, ausgehärtete Füllungen durch weiteren Auftrag von Material zu konfigurieren, da nach Verlust des unpolymerisierten Oberflächenfilms (sei es aktiv durch Beschleifen bzw. Ausarbeiten, sei es natürlich durch Eluation) eine Verbindung mit dem älteren Materialanteil nicht mehr bzw. nur sehr eingeschränkt möglich ist.
Insbesondere in schwierigen Situationen (subgingival, weit distal, starke Salivation, tiefer Defekt mit Austritt von Liquor in die Kavität) ist selbst bei sorgfältigem Vorgehen ein dichtes Interface Füllung/Zahn nicht sicher gewährleistet. Zudem ist bei einem Großteil der Zahnärzte ein genügend großes Problembewusst sein nicht gegeben, so dass relativ nachlässig gearbeitet wird, abgesehen von der Scheu, dem Patienten den Mehraufwand in Rechnung zu stellen.
Es gibt nach wie vor keinen Amalgamersatz!