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Adipositas und kein Ende

Die fette Zukunft!

Die WHO warnt: Übergewicht und Adipositas nehmen in Europa weiter stark zu, wobei es wohl leichte Unterschiede in den Ländern gibt. Laut Definition gilt als „Übergewicht“ ein Body-Mass-Index (BMI) von 25 und höher, adipös sind Menschen mit einem BMI ab 30.

Der BMI berechnet sich aus dem Körpergewicht [kg] dividiert durch das Quadrat der Körpergröße [m2]. Die Formel lautet: BMI = Körpergewicht : (Körpergröße in m)2. Die Einheit des BMI ist demnach kg/m2. Das bedeutet, dass eine Person mit einer Körpergröße von 160 cm und einem Körpergewicht von 60 kg einen BMI von 23,4 hat [60 : (1,6 m)2 = 23,4].

Der „wünschenswerte“ BMI hängt jedoch vom Alter ab. Beispiele: 19-24 Jahre, BMI 19-24; 25-34 Jahre BMI 20-25; 35-44 Jahre BMI 21-26; 45-54 Jahre BMI 22-27; 55-64 Jahre BMI 23-28; >64 Jahre BMI 24-29 (Angaben der Universität Hohenheim).

Übergewicht wird bei einem BMI von 25 bis 30 (bei Männern) sowie 24 bis 30 (Frauen) angenommen (BMI-Klassifikation nach DGE, Ernährungsbericht 1992), als adipös gilt, wer einen BMI von 30 bis 40 zeigt (beide Geschlechter), und als massive Adipositas sieht man einen BMI über 40.

Das britischen Gesundheitsforum führte die aktuelle Untersuchung zusammen mit der WHO durch und veröffentlichte kürzlich die erschreckenden Ergebnisse, erschreckend insbesondere im Hinblick auf die Prognosen: bis 2030 sehen die Forscher einen weiteren steilen Anstieg des Anteils adipöser Menschen in Europa, dies in der Präsentation auf dem Europäischen Kongresses zu Übergewicht in Prag. Auch in Deutschland werden die Leute immer fetter. Gewichtsprobleme beträfen dabei vor allem Männer. Fast die Hälfte der Frauen (2030: 47 Prozent; 2010: 44 Prozent) und zwei Drittel der Männer (2010: 62 Prozent; 2030: 65 Prozent) hätten den Prognosen der Forscher zufolge im Jahr 2030 Übergewicht. Annähernd jeder vierte Mann (24 Prozent; 2010: 21 Prozent) und mehr als jede fünfte Frau (21 Prozent; 2010: 15 Prozent) könnten dann adipös sein.

Über die Ursachen dieser Entwicklung wird kaum gestritten, diese sind gut analysiert. Bewegungsarmut und falsche Ernährungsgewohnheiten werden als Verursacher identifiziert, wobei wohl die Ernährungsindustrie durch Werbung und Verschleierung der schädlichen Nahrungsbestandteile als Beschleuniger dieser Entwicklung anzusehen ist. Insbesondere scheinen die Konsumenten weder zu wissen noch zu beachten welche Kalorienbomben Getränke sind und deren Rolle bei der Gewichtszunahme zu ignorieren.

Die Entwicklung scheint ubiquitär ähnlich in der EU, mit regionalen Spitzen, folgt man den Prognosen. Danach finden wir 2030 fast nur noch übergewichtige  erwachsene Iren (dort ist die Entwicklung besonders negativ). Nahezu die Hälfte der Männer (48 Prozent) und mehr als die Hälfte der Frauen (57 Prozent) werden sogar adipös sein. In Großbritannien trifft dies ein Drittel aller Frauen. Auch die EU-Länder Griechenland, Spanien, Schweden, Österreich oder Tschechien werden zunehmend mit Adipositas konfrontiert. In 2030 könnten z.B. doppelt so viele Griechen adipös sein wie noch 2010. Während 2010 nur 14 Prozent aller schwedischen Männer fettleibig waren (anderes Beispiel) werden es 2030 mehr als ein Viertel sein.

Nun sind die Folgen für die Gesundheit ja wohl in Fachkreisen allgemein bekannt: insbesondere werden wir eine deutliche Zunahme an Diabetes, damit vergesellschaftet Parodontitis und Nierenleiden, Hypertonie, Tumorerkrankungen (insbesondere Darmkrebs!) sowie Erkrankungen des Skeletts, insbesondere des Bewegungsapparats, und letztlich eine kürzere Lebenserwartung sehen.

Neben diesen  somatischen Erkrankungen muss man auch psychosoziale Probleme befürchten. Stark fettleibige Menschen (BMI ab 35) sind aus verständlichen Gründen (häufigere Krankheitsauszeiten) oft Diskriminierung ausgesetzt – etwa doppelt so häufig wie andere Übergewichtige, so eine Untersuchung von Forschern der Universitätsklinik Leipzig. Im Staatsdienst z.B. haben Übergewichtige keine Chance, sie gelten als „nicht geeignet“ (die Alimentationspflicht öffentlicher Dienstherren verbietet es, Menschen mit erhöhtem gesundheitlichem Risiko in den Beamtenstatus zu übernehmen). Bei den Betroffenen kann das – nebst den organisch bedingten Krankheiten – auch zu psychosomatischen Störungen führen, mit einer massiven Belastung für die Arbeitgeber durch lange  Fehlzeiten und kostenträchtige Therapien.

Hier ist die Politik gefordert: man darf die Ärzte nicht im Stich lassen beim Versuch, Prophylaxe durchzusetzen. Gegen die Macht der Werbung hat niemand eine Chance, es wird einfach viel zu viel Geld bei den Lebensmittelkonzernen verdient mit im Grunde minderwertigen Produkten. Die Konsumenten sind schlicht überfordert eine eigene Beurteilung vorzunehmen – wer durchschaut schon die Inhaltsangaben, wenn anstatt „Zucker“ „Maltodextrin“, Glucose“ oder Fructose“ auf dem Packungen steht? Zucker und Zuckeranaloge sind – das wussten schon unsere Großmütter – probate Konservierungsmittel, die nicht als solche deklariert werden müssen, und sie bieten Geschmacksreize, die den faden Geschmack abgestandener alter Produkte perfekt überdecken können. Ohne Zuckerzusatz würden die Menschen den Konsum derartiger Lebensmittel (einschließlich Getränke) verweigern.

Deshalb ist zu fordern, dass die Politik im Gesetzgebungsverfahren mit Lebensmitteln analog verfährt wie mit Tabakwaren: die Werbung muss eine Beschränkung erfahren, es muss eine Lebensmittelkunde bereits in der Grundschule eingeführt werden, und besonders ungesunde Lebensmittel (wie z.B. Energy-Drinks, Bionaden, usw.) müssen auf einen Index!

Für den Zahnarzt ergeben sich Spezialprobleme: wie in den chirurgischen  Abteilungen der Kliniken müssen die Patientenliegen auf die Gewichtszunahme unser Patienten angepasst werden. Ältere Patientenliegen werden dem höheren Gewicht kaum noch standhalten können, was dann größere Investitionen erfordern dürfte. Dazu kommt, dass wir eine weiter Zunahme an Parodontalerkrankungen sehen werden, in Kombination mit Diabetes, was insbesondere in der Implantologie sowie der chirurgischen Parodontologie nicht folgenlos bleiben kann.

So mancher Misserfolg dürfte auf einen unerkannten Diabetes zurückzuführen sein – ein „guter Rat“: unbedingt vor Implantatplanungen oder PAR-Therapien die Untersuchungsergebnisse des Diabetologen in die Patientenkartei aufnehmen! Alleine auf Angaben des Patienten in der Anamnese würde ich mich nicht verlassen wollen…

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